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Psychologie politischer Reden und Kommunikation - Forschungsprojekt WORTSTROM - Quelle: www.wortstrom.net (Rubrik Annotation)
Steinbrück 29.09.2008 Regierungserklärung zur Lage der Finanzmärkte - im Wortlaut
Ich habe in einer Regierungserklärung zur Lage auf den Finanzmärkten am 15. Februar 2008 etwas gesagt, was ich gerne wiederholen möchte: Es ist richtig, dass wir es in weiten Teilen der Welt und zulasten weiter Teile der Welt mit einer ernsthaften Finanzmarktkrise zu tun haben.
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deutscher Banken
Zum Glück halten sich die Engagements deutscher Banken bei Lehman Brothers in einem überschaubaren Rahmen und sind nach Aussage der BaFin und auch nach Aussage der Bundesbank verkraftbar.
Lehman Brothers
Zum wirksamen aktuellen Krisenmanagement ge­hört auch, dass die BaFin ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot zur Sicherung der Vermögenswerte gegen­über der Lehman Brothers Bankhaus AG hier in Deutschland erlassen hat.
BaFin
Die deutsche Aufsichtsbehörde, die BaFin, ist sich si­cher, dass die in den letzten Jahren gesteigerte Risiko­tragfähigkeit der deutschen Institute ausreicht, Verluste auszugleichen und die Sicherheit der privaten Erspar­nisse zu gewährleisten.
Financial Stability Forum
In der Tat war ich angenehm überrascht, dass im April 2008 unter dem Vorsitz des italienischen Notenbankpräsidenten Mario Draghi das Financial Stability Forum bemerkenswerte Empfehlungen nicht nur vorgelegt hat, sondern sie anschließend auch beschlos­sen worden sind, unter Einbeziehung der angloamerika­nischen Freunde.
Umsetzung der Empfehlung
Bei dem schon erwähnten nächsten Treffen in Washington Mitte Oktober werden wir einen umfangreichen Bericht über den Stand der Umsetzung der Empfehlung des Financial Stability Forums erhalten, und gleichzeitig werden wir beraten, welche weiteren Maßnahmen ergrif­fen werden müssen, unter anderem durch eine verbes­serte Zusammenarbeit des Internationalen Währungs­fonds und des Financial Stability Forums im Sinne einer Art Frühwarnsystem, wie wir es jüngst vorgeschlagen haben.
Washington
Um wieder ein nachhaltiges Risikobewusst­sein bei den Banken zu erreichen, werde ich mich bei dem bevorstehenden G7-Treffen in Washington dafür einsetzen, dass Kreditrisiken, die die Banken eingehen, von diesen nicht mehr zu 100 Prozent verbrieft und da­mit weitergereicht werden können.
Finanz­märkte
Bei diesen Maßnahmen geht es darum, die Aufsicht über die Finanz­märkte und das grenzüberschreitende Krisenmanagement zu stärken, die Transparenz an den Finanzmärkten zu erhöhen, Aufsichtsregeln zu Kapitalanforderungen und das Risikomanagement zu stärken.
Krisenmanagements
Ich appelliere, auch angesichts des bislang erfolgrei­chen Krisenmanagements, an alle Verantwortlichen in der Politik und in den drei Säulen des deutschen Banken­systems: Dies ist nicht der Zeitpunkt für kleinliche Dis­kussionen und kleinteilige Hakeleien, mit denen man versucht, auf Kosten des vermeintlichen Wettbewerbers kurzfristige Geländegewinne zu erzielen.
Transpa­renz
Mir war wichtig, dass es zu einer Stärkung der Eigenkapitalanforderungen, einer Verbesserung des Liquiditäts- und Risikomanagements, einer Erhöhung der Transpa­renz sowie zu Reformen bei den Ratingagenturen kommt, die bei der Entstehung dieser Krise nun wahrlich eine wenig rühmliche Rolle gespielt haben.
Verkehrsregeln
Eine weitere Erkenntnis ist, dass wir nach der Bankrott­erklärung des in weiten Teilen des Finanzmarktes in den letzten Jahrzehnten dominierenden Laisser-faire-Kapita­lismus neue "Verkehrsregeln" brauchen, wie Helmut Schmidt es jüngst formuliert hat.
Banken
Zugleich ergaben sich ernste Liquiditätseng­pässe für Banken, worauf Staatsfonds als Kapitalgeber einspringen mussten.
Investment­banker
- Der kurzfristige - vielleicht sollte ich bes­ser sagen: kurzsichtige - Erfolg in Form zweistelliger Renditen und milliardenschwerer Boni für Investment­banker und -manager schien ihnen recht zu geben.
Staatsfonds
Ohne die Bereitschaft dieser Staatsfonds, insbesondere Schweizer und amerikanische Banken zu rekapitalisieren, hätten wir es nicht mit einem Rand des Abgrunds zu tun, sondern wir wären tief drin.
Finanzmarkt­krise
Wie bei einem Patienten, der unter akuten Kreislauf­problemen leidet, kommt es auch bei einer Finanzmarkt­krise im Rahmen des akuten Krisenmanagements zual­lererst darauf an, einen Kollaps zu verhindern.
Renditen
Es ist schizophren, wenn die Anreiz- und Vergütungssysteme der Banken die Jagd nach Umsatzvolumen und Renditen befeuern, ohne die dabei eingegangenen Risiken zu berücksichti­gen.
Boni
Solange weiterhin zunehmend variable Gehaltsbestandteile in Wirklichkeit das Volu­men der Vergütung von Bankmanagern ausmachen, so lange wird die Jagd weitergehen, so lange werden sie weiter versuchen, so viel Volumen wie möglich zu ak­quirieren, weil davon ihre Boni, ihre variablen Vergü­tungsbestandteile, abhängig sind, so lange werden sie den Blick nicht darauf lenken, welche Risiken sie sich damit gleichzeitig an den Hals ziehen.
Marktteilnehmer
Vor allem die staatlichen Autoritäten stehen vor der schwierigen Abwägung zwischen dem Erhalt der Funk­tionsfähigkeit des Finanzmarktes auf der einen Seite und der Vermeidung einer Ausnutzung staatlicher Unterstüt­zung durch Marktteilnehmer auf der anderen Seite.
Milliarden US-Dollar
Wenige Tage später wird der zweitgrößte Versicherer der Welt, die US-amerikanische AIG, mit 85 Milliarden US-Dollar ebenso quasi verstaatlicht wie zuvor die beiden US-Hypothekenfinanziers Fannie Mae und Freddie Mac mit 200 Milliarden US-Dollar.
Fannie Mae und Freddie Mac
Meine Damen und Herren, die Entwicklungen bei den US-Investmentbanken Bear Stearns, Lehman Brothers, bei den beiden großen Hypothekenfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac und zuletzt bei dem Versiche­rungsunternehmen AIG spiegeln ein schwieriges Abwä­gungsproblem wider, das auch wir in Deutschland ken­nen.
AIG
Ich füge al­lerdings hinzu: Wenn der zweitgrößte Versicherer in den USA, den ich schon genannt habe, die AIG, von der amerikanischen Regierung und der amerikanischen Zentralbank nicht stabilisiert worden wäre, dann hätten wir sehr viel düstere Zeiten, weil sich auch viele deutsche und europäische Institute dort versichert haben.
Rettungsprogramm
Als das alles nicht ausreicht, legt die US-Regierung mit dem un­glaublichen Volumen von 700 Milliarden US-Dollar das größte Rettungsprogramm in der Geschichte der interna­tionalen Finanzmärkte auf.
Stand der Bearbeitung: 16.04.2017