Obama 09.11.2016 Rede zu den US-Wahlen 2016 in Washington - im Wortlaut Guten Tag, meine Damen und Herren. Bevor gestern die Stimmen ausgezählt wurden, wurde ein Video aufgezeichnet, das einige von Ihnen vielleicht gesehen haben. Darin sagte ich der amerikanischen Bevölkerung Folgendes: Unabhängig davon, auf welcher Seite Sie bei dieser Wahl standen und unabhängig davon, ob Ihr Kandidat gewonnen oder verloren hat, morgen wird die Sonne wieder aufgehen. Das ist eine Vorhersage, die stimmte. Die Sonne ist aufgegangen. Und ich weiß, dass Sie alle eine lange Nacht hinter sich haben. Das habe ich auch. Ich hatte vergangene Nacht – ich glaube, gegen 3.30 Uhr morgens – die Gelegenheit, mit dem designierten Präsidenten Trump zu sprechen und ihm zum Wahlsieg zu gratulieren. Und ich hatte die Gelegenheit, ihn für morgen zu einem Gespräch ins Weiße Haus einzuladen, um sicherzustellen, dass der Amtsübergang reibungslos verläuft. Es ist kein Geheimnis, dass der designierte Präsident und ich einige sehr verschiedene Ansichten haben. Bedenken Sie jedoch, vor acht Jahren waren es Präsident Bush und ich, die in einigen Punkten sehr verschiedene Ansichten hatten. Aber das Team von Präsident Bush hat auf eine so außerordentlich professionelle und freundliche Weise für einen reibungslosen Übergang gesorgt, dass wir von Anfang an unsere Arbeit machen konnten. In dieser Position begreift man sehr schnell, dass das Präsidentenamt, ebenso wie das Amt des Vizepräsidenten, weitaus größer ist als jeder Einzelne von uns. Ich habe mein Team daher angewiesen, dem Beispiel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Präsident Bush von vor acht Jahren zu folgen und so hart wie nur möglich zu arbeiten, um sicherzustellen, dass der Übergang für den neuen Präsidenten erfolgreich wird – denn wir alle wollen ihn jetzt dabei unterstützen, dieses Land erfolgreich zu einen und zu führen. Ein friedlicher Machtübergang gehört zu den Markenzeichen unserer Demokratie. Und in den kommenden Monaten werden wir der Welt das zeigen. Ich hatte vergangene Nacht auch die Gelegenheit, mit Außenministerin Clinton zu sprechen, und habe eben ihre Rede gehört. Ich bin außerordentlich stolz auf sie. Sie hat ihr Leben ganz dem Dienst an der Öffentlichkeit gewidmet. Sie war eine großartige First Lady. Sie war eine herausragende Senatorin des Bundesstaates New York. Und sie hätte keine bessere Außenministerin sein können. Ich bin stolz auf sie. Viele Amerikanerinnen und Amerikaner schauen zu ihr auf. Ihre Kandidatur und ihre Nominierung waren historische Ereignisse und sind ein Signal an unsere Töchter überall im Land, dass sie auf den höchsten Ebenen der Politik alles erreichen können. Ich bin überzeugt davon, dass sie und Präsident Clinton weiterhin Großartiges für die Menschen hier in den Vereinigten Staaten und weltweit leisten werden. Es ist immer traurig, wenn die eigene Seite eine Wahl verliert. Aber am Tag danach müssen wir uns darauf besinnen, dass wir eigentlich alle dem gleichen Team angehören. Dies ist ein inneramerikanisches Freundschaftsspiel. Wir sind nicht in erster Linie Demokraten. Wir sind nicht in erster Linie Republikaner. Wir sind in erster Linie Amerikanerinnen und Amerikaner. Wir sind in erster Linie Patriotinnen und Patrioten. Wir alle wollen für dieses Land das Beste. Das hat Donald Trump gestern in seiner Rede gesagt. Das hat er gesagt, als ich persönlich mit ihm gesprochen habe. Und das hat mir Mut gegeben. Das ist es, was das Land braucht – ein Gefühl der Einigkeit, ein Gefühl der Teilhabe, Achtung vor unseren Institutionen, unserer Lebensweise und der Rechtsstaatlichkeit sowie gegenseitige Achtung. Ich hoffe, dass er diese Geisteshaltung während dieses Übergangs beibehält und ich hoffe insbesondere, dass auch seine Präsidentschaft in diesem Sinne beginnen kann. Ich habe auch meinen Mitarbeitern heute gesagt, dass sie den Kopf nicht hängenlassen sollen, denn die bemerkenswerte Arbeit, die sie tagtäglich geleistet haben – häufig ohne Pauken und Trompeten und ohne große Beachtung zu erhalten –, ihre Arbeit in den Behörden, in unbekannten Bereichen der Politik, damit der Staat besser funktioniert und effizienter und serviceorientierter wird, damit er mehr Menschen hilft – diese bemerkenswerte Arbeit sorgt dafür, dass dem nächsten Präsidenten dieses Land stärker und in einem besseren Zustand hinterlassen wird, als es noch vor acht Jahren war. Egal also, ob diese Wahl gewonnen oder verloren ist – das war immer unser Auftrag. Das war vom ersten Tag an unser Auftrag. Und all meine Mitarbeiter sollten von außerordentlichem Stolz auf all das Erreichte erfüllt sein, ebenso wie all die Amerikanerinnen und Amerikaner im ganzen Land, die ich treffen durfte und die jeden Tag hart arbeiten, um auf diesem Fortschritt aufzubauen. Lehrer in den Schulen, Ärzte in den Notaufnahmen, Kleinunternehmer, die alles, was sie haben, in eine Firma stecken und dafür sorgen, dass ihre Angestellten gut behandelt werden. All die wichtige Arbeit, die Mütter, Väter, Familien und Gemeinden in jedem Bundesstaat leisten. Sie arbeiten daran, diese Union noch vollkommener zu machen. Es war ein langer und hart ausgefochtener Wahlkampf. Viele unserer amerikanischen Mitbürgerinnen und Mitbürger jubeln heute. Und viele Amerikanerinnen und Amerikaner tun das nicht. Aber das ist das Wesen des Wahlkampfes. Das ist das Wesen der Demokratie. Es ist schwierig, manchmal ist es kontrovers und laut und es ist nicht immer inspirierend. Aber den jungen Menschen, die sich zum ersten Mal mit Politik beschäftigt haben und jetzt vielleicht enttäuscht sind, möchte ich sagen: Lassen Sie sich nicht entmutigen! Werden Sie nicht zynisch! Verfallen Sie niemals dem Glauben, Sie könnten nichts verändern! Wie Außenministerin Clinton heute Morgen sagte: Es lohnt sich, für das zu kämpfen, was richtig ist. Manchmal unterliegt man in einer Diskussion. Manchmal verliert man eine Wahl. Dieses Land folgte noch nie einem geradlinigen Weg. Wir gehen im Zickzack, und manchmal schlagen wir Wege ein, die manche für fortschrittlich und andere für rückschrittlich halten. Und das ist in Ordnung. Ich habe schon Wahlen verloren. ... So ist es eben manchmal in der Politik. Wir geben uns große Mühe, andere davon zu überzeugen, dass wir recht haben. Und dann stimmen die Menschen ab. Und wenn wir verlieren, lernen wir aus unseren Fehlern, denken in Ruhe darüber nach, lecken unsere Wunden, klopfen uns den Staub ab und gehen zurück in den Ring. Wir krempeln die Ärmel hoch und strengen uns beim nächsten Mal noch mehr an. Schlussendlich aber machen wir alle weiter im guten Glauben an unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, denn diese Annahme des guten Glaubens ist für eine lebendige und funktionierende Demokratie unerlässlich. So entwickelt sich dieses Land seit 240 Jahren immer weiter. So überwinden wir Grenzen und fördern Freiheit auf der ganzen Welt. So haben wir die zur Zeit unserer Gründung festgeschriebenen Rechte auf alle Bürgerinnen und Bürger ausgeweitet. So sind wir so weit gekommen. Und deshalb bin ich zuversichtlich, dass diese unglaubliche Reise, auf der wir Amerikanerinnen und Amerikaner uns befinden, weitergehen wird. Und ich freue mich darauf, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit der nächste Präsident dabei erfolgreich ist. Ich habe schon einmal gesagt, dass ich dieses Amt gerne mit der Aufgabe eines Staffelläufers vergleiche. Man übernimmt den Staffelstab, läuft so schnell man kann, und bei der nächsten Übergabe hat man hoffentlich etwas an Boden gewonnen, leichte Fortschritte erzielt. Ich kann sagen, dass wir genau das getan haben, und ich möchte dafür sorgen, dass die Übergabe reibungslos verläuft, denn letztendlich gehören wir alle zur selben Mannschaft. In Ordnung? Vielen Dank Ihnen allen.