Müntefering 31.08.2005 Rede beim außerordentlichen Parteitag der SPD Berlin - im Wortlaut Vielen Dank, liebe Genossinnen und Genossen auch für die freundlichen Grüße, die mich erreicht haben. Wir hatten angekündigt, heute auf diesem Parteitag, zweieinhalb Wochen vor der Wahl, deutlich zu machen, was Politik für die SPD in Deutschland bedeutet, was wir in den vergangenen sieben Jahren getan haben und was wir in den nächsten vier Jahren mit Gerhard Schröder an der Spitze der Bundesregierung tun wollen. Die Botschaft, die von hier ins Land geht, ist klar: Wir machen keine Operette. Wir machen keine Geschichtsklitterungsveranstaltung. Wir machen keine Selbstreflexion. Hier tritt die deutsche Sozialdemokratie an und kämpft um die Mehrheit in diesem Land. Wir wollen den Wahlsieg. Wir wollen, dass Gerd Schröder Kanzler der Bundesrepublik Deutschland bleibt. Die Begründung habt ihr eben gehört, liebe Genossinnen und Genossen. Gerd Schröder hat deutlich gemacht, was die sozialdemokratische Linie in diesem Lande ist und was sie in den nächsten Jahren sein wird. Er hat deutlich gemacht, dass die Exzentriker auf beiden Seiten - auf der einen Seite diejenigen in der Ecke von Merkel und Westerwelle, die die Ökonomisierung dieser Gesellschaft wollen und die die Privatisierung der Lebensrisiken der Einzelnen akzeptieren, und auf der anderen Seite die Lafontaines und die Gysis, die Illusionen verbreiten und Dinge erzählen, die unmöglich zu finanzieren sind -, sie sind nicht dazu geeignet sind, dieses Land verantwortlich zu regieren. Wer soziale Demokratie will, wer politische Vernunft für dieses Land will, muss der Sozialdemokratie eine Schneise schlagen. Wir wollen auch in den nächsten vier Jahren in diesem Land klarmachen, was sozialdemokratische Politik bedeutet: Arbeit, Sicherheit und Menschlichkeit sind die drei Kriterien, an denen wir unsere Politik messen lassen. Wenn in diesen Tagen welche unterwegs sind, die sich gerne an uns, an der Sozialdemokratie, die Füße abputzen, die über uns reden, als ob wir mit unserem Latein am Ende wären, so hoffe ich, dass diese alle eben gut zugehört haben. Ich will ihnen ergänzend noch sagen: Diese deutsche Sozialdemokratie ist eine stolze Partei. Wir leben und wir arbeiten in der Geschichte von Lasalle, von Bebel, von Kurt Schumacher und Erich Ollenhauer, von Willy Brandt, von Marie Juchacz und Marie Schlei und vieler anderer. Wir sind das Original: Wir sind diejenigen, die sozialdemokratische Politik in diesem Lande vertreten. Wer Sozialdemokratie haben will, muss uns wählen, liebe Genossinnen und Genossen. Wir sind die, die vorne stehen. Diese Tradition ist eine große Verpflichtung und eine große Stütze für uns alle. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben in den Jahrzehnten - um nicht zu sagen Jahrhunderten -, dazu beigetragen, Arbeitnehmerrechte zu erkämpfen. Wir haben dazu beigetragen, dass die Mauer geöffnet werden konnte und dass die Beziehungen hin nach Mittel- und Osteuropa aufgebaut werden konnten, und zwar in der Zeit Willy Brandts, als andere das Ganze noch als Vaterlandsverrat beschrieben haben. Wir waren bei denen dabei, die in diesem Lande dafür gesorgt haben, dass die soziale und die demokratische Republik in dieser zweiten deutschen Demokratie aufgebaut werden konnte. Diese Partei ist vor allen Dingen stolz darauf: Wir haben in 142 Jahren unseren Namen nie ändern müssen. Wir können dabei bleiben, was wir sind und was wir waren: Sozialdemokraten. Wir rufen von hier aus die Menschen in diesem Lande auf: Geht am 18.09. zur Wahl! Sprecht die Menschen an! Macht ihnen deutlich, was sozialdemokratische Linie ist, nämlich das, was Gerd Schröder als die Perspektive für die kommenden vier Jahre angesprochen hat. Wer Sozialdemokratie wählt, der weiß, er wählt das Bemühen um soziale Gerechtigkeit. Ich behaupte nicht, dass es eine leichte Aufgabe ist, der wir uns stellen; aber wir wollen sie erfüllen. Das zentrale Ziel heißt soziale Gerechtigkeit. Aber wir wollen soziale Gerechtigkeit auf einem hohen Wirtschaftsniveau und auf einem hohen Wohlstandsniveau haben, nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen. Allen, die soziale Gerechtigkeit fordern, sage ich: Ja, das tue ich auch, aber sie soll auf einem Niveau sein, wie wir es auch heute haben. Das geht nicht automatisch. Soziale Gerechtigkeit soll etwas sein, das nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen für die kommenden Generationen zur Verfügung steht. Deshalb sage ich: Wenn man soziale Gerechtigkeit will - so hat es Gerd Schröder durchbuchstabiert -, fängt das bei der Frage der Bildung an. Bildung ist ein Grundrecht für jeden einzelnen Menschen. Sie ist die Voraussetzung für Wohlstand heute und morgen. Deshalb investieren wir in die Köpfe und in die Herzen der jungen Menschen. Wenn die vier Milliarden Euro, die wir als Bund für den Ausbau von Ganztagsschulen und Betreuungsplätzen freiwillig zur Verfügung gestellt haben, in die Rentenkasse gegeben worden wären, hätten wir uns vielleicht ein bisschen Ärger ersparen könnten. Trotzdem haben wir den Großvätern und Großmüttern gesagt: Seid damit einverstanden, dass wir das Geld für eure Enkelkinder ausgeben. Was wir da investieren, ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit des Landes. Das ist das Wichtigste überhaupt. Soziale Gerechtigkeit heißt, dafür zu sorgen, dass Familie, dass Gleichstellung, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich sind. Soziale Gerechtigkeit anstreben und sie wollen heißt, dafür zu sorgen, dass in diesem Lande Minderheiten nicht diskriminiert sind. Ich will etwas aus einem traurigem Anlaß sagen: Während wir hier getagt haben, hat es auf der Straße vor dem Hotel eine Demonstration der NPD gegeben. Sozialdemokraten und Gewerkschafter haben miteinander dagegen demonstriert. Ich will das nicht überbetonen, wenn da ein paar radikale Nazis auftauchen. Aber ich sage - auch weil ich in den vergangenen Wochen und Monaten einige Erfahrungen damit gemacht habe -: Vorsicht! Da müssen sich alle Demokratinnen und Demokraten quer durch alle Parteien einig sein: Diese braune Soße darf in Deutschland nie wieder eine Chance haben, liebe Genossinnen und Genossen. Da müssen wir zusammenstehen. Aber die Herausforderung ist größer, da mögen sich alle einig sein. Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode eine Reihe von Gesetzen für Minderheiten gemacht. Wir haben auch ein Gesetz gegen Diskriminierung gemacht. Das ist aber von den anderen aufgehalten worden. Darin steht zum Beispiel, dass behinderte Menschen auf jeden Fall in Gaststätten und Restaurants kommen können, auch wenn das denjenigen, denen die Gaststätten gehören, nicht gerade lieb ist. Wir haben dafür gekämpft und gestritten, und wir haben nicht immer Zustimmung dafür bekommen. Aber ich sage noch einmal mit allem Nachdruck: Liberalität, Offenheit und Toleranz war immer eine Sache, die uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ausgezeichnet hat. Wir wollen auch in Zukunft in einem Land leben, in dem kein Mensch Angst haben muss, nur weil er anders ist als andere. Derjenige, der eine andere Hautfarbe, einen anderen Pass, eine andere Religion - oder auch keine - hat, derjenige, der sich wie auch immer von anderen unterscheidet, muss ganz sicher sein: In diesem Land, in Deutschland, muss keiner Angst haben, weil er anders ist als andere. Dafür steht die deutsche Sozialdemokratie vorne an. Das ist keine Kleinigkeit. Zu sozialer Gerechtigkeit gehört Forschung und Entwicklung, Investieren in die Zukunft. Wer morgen ernten will, muss heute säen. Das tun wir mit dem, was wir an Investitionen in Forschung und Entwicklung eingebracht haben. Manches ist auf gutem Weg, manches muss noch weiterentwickelt werden. In den 90er-Jahren, in der Zeit von Kohl, Merkel und Rüttgers, ist dieser Bereich sträflich vernachlässigt worden. Wir müssen viel aufholen. Denn Exportweltmeister ist man nicht im Abonnement. Andere möchten das auch sein. Wenn man exklusive Artikel in die Welt liefert - wir haben 49 % mehr an Export in diesen sieben Jahren geschafft; das ist ein gutes Zeichen -, weiß man auch: Irgendwann sind sie nicht mehr genial, irgendwann sind sie nicht mehr reif, irgendwann sind sie überreif, und dann sind sie überholt. Ehe sie überholt sind, muss man wieder mit neuen Dingen gut am Markt sein. Deswegen ist der Bereich der Energie, der Medizin und anderen technischen Entwicklungen für uns von so unendlicher Bedeutung. Da steckt unsere Chance, da müssen wir investieren. Wir müssen ein Hochleistungsland sein und wollen uns anstrengen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir auch ein Hochlohnland bleiben können, liebe Genossinnen und Genossen. Das muss eine abgestimmte Strategie in der Politik und in der gesamten Gesellschaft sein. Wir wollen keinen Weg der einfachen Arbeit und der einfachen Löhne gehen. Wir haben den Anspruch, gut zu sein, sehr gut zu sein, erste Klasse zu sein, Hochleistungsland zu sein. Das rechtfertigt dann auch Hochleistungslöhne. Die soll es auch in Zukunft in Deutschland geben. Das, was wir erforschen und entwickeln, liebe Genossinnen und Genossen, ist nicht nur für uns, ist nicht nur für unsere 160000 oder 180000 Arbeitsplätze gut, die es im Bereich der erneuerbaren Energien gibt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es auf dieser Welt gut weitergehen kann. Gerd Schröder hat die Bedeutung der Energiepolitik in seiner Regierung angesprochen. Ich will nur einen Akzent von mir aus noch aufnehmen. Weil manche junge Leute uns fragen - manchmal auch ältere -: "Habt ihr eigentlich noch Visionen, habt ihr noch eine Vorstellung von einer großen Sache, um die es geht?", sage ich: Ja, diese Energie zum Beispiel wäre so etwas. Ich habe als Junge in der Schule gelernt, dass wir 2,5 Milliarden Menschen sind. Das war wie in Stein gemeißelt. Jetzt sind es aber 6,3 Milliarden, und es werden im Jahre 2040 oder 2050 9 Milliarden sein. Diese 9 Milliarden Menschen brauchen etwas zu essen. Dazu bracht man Wachstum, und dazu braucht man Energie. Wenn diese 9 Milliarden Menschen die Energie so einsetzen, wie wir Industrieländer es über Jahrhunderte gemacht haben, kann man sich ausrechnen, wann das Ganze zu Ende ist. Deshalb sage ich: Unsere politische Linie, nicht auf Atomkraft zu setzen, sondern auf saubere Kraftwerke für Kohle, Öle und Gas , erneuerbare Energien zu nutzen, Sonne, Wasser, Wind, Erdwärme und nachwachsende Rohstoffe, das ist eine Strategie für die Welt insgesamt. Wer der Welt etwas zu essen geben will - morgen noch mehr als heute -, der muss heute eine Energiepolitik machen, wie Gerd Schröder und Rot-Grün sie gemacht haben. Deshalb macht das möglich, dass das weitergeführt und nicht kaputt gemacht wird! Das ist eine Vision, liebe Genossinnen und Genossen. Das ist organisierte Solidarität. Es ist sehr gut, dass es Spendenaktionen für Menschen auf dieser Welt gibt, denen es schlecht geht. Das ist gut, und das soll es auch weiterhin geben. Aber wer die wirklich großen Lösungen haben will, muss an solchen Punkten ansetzen. Das gilt auch für die Medizin, für Mittel gegen Krebs, Mittel gegen Aids, Mittel gegen Altersdemenz. Das ist eine Frage der Würde des Menschen, eine Frage der Ökonomie und eine Frage, wie es auf dieser Welt weitergeht. Wir brauchen in dieser Generation keinen Columbus mehr, der die Kontinente entdeckt. Die kennen wir alle. Aber wir brauchen die Bereitschaft der Sozialdemokraten hier und in den anderen Ländern und die Bereitschaft der jungen Menschen, sich in die Welt hineinzubegeben und zu sagen: Wir haben das Wissen, wir haben das Know-how, wir können mit dafür sorgen, dass die Menschheit etwas zu essen und zu trinken hat, dass sie sich nicht bekriegt, wir sorgen dafür , dass es auf diesem Planeten menschenwürdig zugeht. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten waren immer auch Internationalisten. Das darf uns nicht verloren gehen. Die Globalisierung bedeutet nicht nur offene Märkte. Sie bedeutet auch: Wir sind alle in einer Stadt, in einem Dorf miteinander, und wir müssen unsere Chancen und unser Wissen nutzen, um der Menschheit die Richtung zu zeigen. Wir wissen viel. Das ist unser Ehrgeiz. Das müssen wir den Menschen deutlich machen, liebe Genossinnen und Genossen. Zur sozialen Gerechtigkeit gehört die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Wir haben viel dafür getan, sowohl als es darum ging, die Körperschaftsteuer zu senken, als auch darum, die Einkommensteuer zu senken, und zwar gegen manchen Widerspruch bei uns selbst, bei den Gewerkschaften und anderen Stellen. Es war trotzdem richtig. Denn es hat die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in der Tat verbessert. 49 % mehr Export kommen nicht von ungefähr. Aber nun sage ich: Es muss dafür auch etwas passieren. Es geht nicht, dass der Staat, die Politik über die Steuer oder wie auch immer die Wettbewerbsfähigkeit verbessert, die Wirtschaft aber mit den Gewinnen ihren Profit irgendwo multipliziert und uns mit 4,7 Millionen Arbeitslosen alleine lässt. So ist das nicht gemeint. Die Mitverantwortung der deutschen Wirtschaft klage ich hiermit ausdrücklich ein. Es geht nicht, dass sie uns sagt: Guckt ihr mal zu, wie ihr damit klar kommt. Ich sage: Wirtschaft ist für die Menschen da und nicht umgekehrt. Wenn man das sagt, antwortet immer einer: Das ist ja moralisch ganz anständig, was du da sagst, aber lass' das sein! Geld regiert die Welt, da kann man halt nichts machen. Dies ist der Punkt, liebe Genossinnen und Genossen, an dem Sozialdemokraten nicht springen dürfen. Ich werde es nicht tun, und unsere Partei auch nicht: Geld darf die Welt nicht regieren! Wenn der Kapitalismus heute andere Bedingungen auf der Welt hat, als er sie vor 150 Jahren gehabt hat, müssen wir eben andere Mittel suchen, um uns dagegen aufzustellen. Wir wollen den Primat der Politik. Wir wollen darüber bestimmen, dass soziale Marktwirtschaft bei uns und möglichst weltweit funktioniert. Das ist unser Bestreben. Das wollen wir. Da lassen wir uns nicht von den anderen sagen, das sei nicht unsere Zuständigkeit. Soziale Gerechtigkeit heißt: Arbeit schaffen. Das ist das Wichtigste überhaupt. Wir wissen, es ist noch viel zu tun. Trotzdem - ich hätte es sonst nicht getan - will ich zwei bis drei Zahlen nennen, weil ich vor diesem Haus bestimmte Plakate gesehen habe. Die sind eine Verlogenheit sondergleichen von der Konkurrenz. Deshalb will ich die Zahlen einfach noch einmal nennen, damit sie in das Land hinein transportiert werden. Von den heute gezählten Arbeitslosen sind 300000 - eher 320000 - solche, die am 31.12. des vergangenen Jahres aus der Sozialhilfe herausgeholt worden sind. Darunter befinden sich 180000 Jugendliche unter 25 Jahren, die damals Sozialhilfeempfänger waren, die Sozialhilfe bekamen, die nicht als Arbeitslose gezählt waren, die nicht registriert waren und die auch keinerlei Angebote bekommen haben. Wenn Hartz IV zu nichts anderem gut gewesen wäre, als diese 180000 Menschen unter 25 Jahren aus der Sozialhilfe und aus der Sackgasse der Arbeitslosigkeit herauszuholen, dann hätte es sich gelohnt. Junge Menschen müssen die Chance haben, gefördert und gefordert zu werden und an den Arbeitsmarkt herangeführt zu werden. Dabei geht es um 300000 Menschen. Das sind, liebe Genossinnen und Genossen, 640000 Menschen mehr, als im August 1998 in ABM, SAM und anderen Trainingsmaßnahmen waren. Diejenigen, die alt genug sind, erinnern sich, wie die Regierung Kohl im Jahre 1998 die Maßnahmen des Bundesarbeitsamtes dramatisch nach oben geschoben hat. Das waren dann 882000. Im September 1998 waren es 973000. Wir haben heute 250000. Das ist ein Unterschied von noch einmal 640000. Wenn man die 300000 aus der Statistik Hartz/Sozialhilfe und die 620000, die damals sehr kurzfristig und kurzzeitig in ABM, SAM und andere Maßnahmen geschoben wurden, zusammenzählt, dann geht es um etwa 900000. Dies muss man einfach einmal mit der offiziellen Statistik vergleichen. Ich will damit sagen, dass die Zahl der Arbeitslosen in diesem Lande real niedriger ist, als sie 1998 gewesen ist. Darüber sind wir nicht froh; darüber kann man nicht glücklich sein. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist das Wichtigste, was es überhaupt gibt. Aber Plakate, wie sie vor diesem Hotel stehen, mit denen die anderen glauben, uns 5 Millionen anpappen zu können, ohne ihre Mitverantwortung je auch nur anzusprechen, das ist etwas, was verlogen ist, was ich zurückweisen und was ich klar stellen will, liebe Genossinnen und Genossen. Dann fordern sie die Senkung der Lohnnebenkosten. Das haben wir getan. In den 90er-Jahren sind die Lohnnebenkosten von 35,5 auf 42,1 % gestiegen, und zwar auch, weil die deutsche Einheit an vielen Stellen falsch über die Sozialsysteme finanziert worden ist. Wir haben die Lohnnebenkosten auf 41 % gesenkt und haben - unter Protest mancher - dafür gesagt, dass die Arbeitgeberseite heute 19,9 % bezahlt. Die Marge von 40 %, von der auf der Arbeitgeberseite gesagt wurde, dass man sie brauche, um wettbewerbsfähig zu sein, haben wir heute. Deshalb sage ich: Diese Politik der Senkung der Lohnnebenkosten war erfolgreich, sie war hilfreich, aber sie muss jetzt auch bei den Arbeitgebern zu Arbeitsplätzen führen. Wir haben viel in Existenzgründungen investiert. Wir haben viel in die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung investiert. Das ist ein Punkt, liebe Genossinnen und Genossen, über denen man sich nicht genug aufregen kann. Um welche Punkte streiten wir uns bei den Gewerkschaften und bei uns im täglichen Kampf? Im letzten Jahr wurden 15 % unseres Bruttoinlandsprodukts im illegalen Bereich und im Bereich der Schwarzarbeit hergestellt. Das sind in etwa 250 Milliarden €. Wenn darauf Sozialversicherungsbeiträge ordentlich gezahlt worden wären, hätten wir, Hans Eichel, Ulla Schmidt und alle miteinander, uns in der Fraktion nicht lange darüber streiten müssen, wo denn die eine Milliarde in diese oder in jene Richtung hingehen soll. Der ehrliche Bauunternehmer hat keine Chance, weil der große Subunternehmer die Preise kaputt macht und ihn unterläuft. Deshalb ist die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung zum Nutzen der Schaffung ehrlicher Arbeitsplätze ein ganz wichtiges Anliegen. Es kann nicht sein, dass der ehrliche Arbeitgeber und der ehrliche Arbeitnehmer die Dummen sind und dass sich die anderen sich ins Fäustchen lachen, liebe Genossinnen und Genossen. Das darf man so nicht lassen. Gestern haben wir gehört, dass der mehrfach zitierte Herr Kirchhof das Rentenversicherungssystem als Umlagesystem aufgeben will und daraus eine Kapitalstocklösung machen will. Er hat gesagt, es dauert ein bisschen. Was steckt eigentlich dahinter? Was soll das? Dahinter steht die Idee, dass diejenigen, die heute jung sind, zweimal bezahlen, und zwar einmal die Rente für diejenigen, die heute alt sind, und dass sie zum anderen in den Kapitalstock einzahlen. Dazu sage ich: Glückliche Reise! Was soll an dieser Stelle denn eigentlich noch veranstaltet werden? Wie sicher sind denn solche Kapitalstöcke? Wo ist denn dann das Geld? Ich habe das Jahr 2000 noch gut in Erinnerung, als mir junge Millionäre erklärt haben, es sei alles Quatsch, das mit Versicherungen zu machen; sie machten alles über Aktien. Dann haben sie Aktien gekauft, und seitdem sind 700 Milliarden € Aktienwerte in Deutschland umgewidmet oder verschwunden. Es gibt keine Versammlung - ausgenommen natürlich der Parteitag der SPD -, wo es nicht einige gibt, die noch einmal leidvoll an die 5000 oder 10000 € denken, die sie bei diesen ganzen Aktien versenkt haben. Es geht um Aktienwerte in Höhe von 700 Milliarden €. Jetzt kommen sie alle wieder, gucken uns an und fragen: Kann der Staat nicht vielleicht doch die Solidarität organisieren, die unverzichtbar ist? Dazu sage ich: Ja, das müssen wir. Liebe Genossinnen und Genossen, man kann es drehen, wie man will. Man kann einen Finanzierungsmix aus Umlage, aus Steuer und aus privater Vorsorge wollen - aber der Kern muss solidarisch finanziert bleiben. Es gibt nichts Besseres und nichts Sichereres als Menschen für Menschen und Generationen für Generationen. Das ist ordentliche Sozialpolitik, die wir uns nicht durch Kopfpauschale und ähnliche Dinge kaputt machen lassen. Wir wollen von hier aus aber auch ein Wort an die CDU-Wählerinnen und -Wähler richten. Einige von ihnen müssen in diesen Tagen ein komisches Gefühl haben, wenn sie sich das Programm ihrer Partei und das, was darin angekündigt wird, was sie denn wollen könnten, wenn sie denn dürften, angucken. Der politische Konservatismus in Deutschland, liebe Genossinnen und Genossen, ist substanzlos geworden. Werteorientierte Gesellschaftspolitik kommt im Programm der CDU nicht mehr vor. Der Begriff "soziale Gerechtigkeit" kommt im Programm der CDU nicht einmal vor und der Begriff "soziale Marktwirtschaft" gerade einmal auf Seite 1. Zum Thema Gleichstellung und Familie gibt es 3,5 Zeilen im gesamten Programm von CDU/CSU. Das Kapitel Kultur kommt nicht einmal vor. Was ist das für eine Partei? Frau Merkel führt diese CDU/CSU in die Ecke zu Westerwelle. Das ist aber eine Situation, die nicht in Übereinstimmung mit dem steht, was ansonsten diese konservative Volkspartei bestimmt hat. Damit will ich sagen: Das, was dort an sozialem Potenzial zu Hause war und was sich jetzt dort zu Hause fühlen kann, ist herzlich eingeladen, es sich vor dem 18. September noch einmal genauer anzugucken. Ich kenne anständige Leute in der CDU - das darf man auch als SPD-Vorsitzender sagen -, die bei der anderen Partei sind und die sie normalerweise auch wählen. Aber das sind ordentliche und soziale Leute, die aus der Ecke der katholischen Soziallehre oder anderer kirchlicher, wirtschaftspolitischer Überzeugung kommen. Wenn sich viele von denen - das ist die alte Zentrums-Linie aus der Zeit von vor dem Krieg; das gibt es alles noch in den Köpfen dieser alten Partei - heute angucken, wie diese CDU in eine Ecke geführt wird, die sich von Westerwelle nicht mehr unterscheidet, dann sage ich ihnen: Leute, um Himmels willen, weshalb wählt ihr die denn? Das ist die falsche Himmelsrichtung. Guckt uns an und kommt zu uns. Bei uns könnt ihr soziale Gerechtigkeit finden. Wenn in einem Programm wie dem der CDU/CSU seitenlang über Entbürokratisierung philosophiert wird, dann ist das sicherlich richtig. Aber wenn es so viel mehr Platz als das einnimmt, was über Kinder und Familie geschrieben wird, dann sage ich: Leute, die sind für Büroklammern geeignet, aber nicht für Politik im Bundeskanzleramt. Das kann es nicht sein. Oder sie stellen mal eben, ohne es großartig zu erwähnen, die Übungsleiterpauschale in den Sportvereinen, bei den freiwilligen Feuerwehren und bei den ehrenamtlichen in Frage. Als Willy Brandt Kanzler war, hat er die Übungsleiterpauschale mit 100 DM eingeführt. Als Helmut Schmidt Kanzler war, hat er auf 200 DM erhöht. Als Gerhard Schröder Kanzler wurde, hat er auf 300 DM erhöht. Von den anderen hat nie einer etwas dafür getan. Es sind heute 155 €, die jemand bekommt, der als Übungsleiter in den Vereinen unterwegs ist und die er nicht versteuern muss. Dazu sagt nun das Modell Merkel/Kirchhof: Weg damit! Dabei geht es nicht um Milliardenbeträge, sondern es geht um einige Millionen zweistelliger Zahlen. Ich frage: Was für ein Gedanke steckt dahinter, und was für eine Kälte? In dieser Gesellschaft gibt es 22 Millionen Menschen, die ehrenamtlich tätig sind und die private Zeit und privates Geld darin investieren. Das ist der eigentliche Kick der Gesellschaft. Und denen schnöde zu sagen, dass diese Pauschale gestrichen wird, das ist ungehörig und das ist auch für die Demokratie nicht gut. Wir brauchen diese Leute, die sich ehrenamtlich auf den Weg machen und die in dieser Gesellschaft unterwegs sind. Aber das alles passt natürlich in diese eigentümliche Merkel-Logik, mit der wir es zu tun haben. In dem Film wurde es vorhin gezeigt: Deutschland ging es noch nie so schlecht wie heute. Das hat sie in den letzten Tagen noch getoppt. Sie ist konkreter geworden und hat gesagt: "Das sei wie 1945/1949. Damals gab es eine Trümmerlandschaft in Deutschland, und dann haben wir aufgebaut." Das hat sie dann damit verglichen. Dazu sage ich: Um Gottes willen! Wer das Ende des Krieges und die Zeit 1945/1950/1955/1960 noch bei klarem Verstand erlebt hat, wer die Bundesrepublik Deutschland und die DDR bei klarem Verstand erlebt hat, kann doch nicht solch ein hirnrissiges Zeug erzählen. Das ist unzumutbar für die, die damals haben kämpfen müssen, um das aufbauen zu können. Nun hat sie angekündigt, dass die Kinderkopfpauschale doch nicht von den Kindern bezahlt werden soll, sondern von den Spitzenverdienern. Eigentlich - so hat sie angekündigt - wird der Spitzensteuersatz von 42 auf 36 % gesenkt. Jetzt sagt sie: "Nein, 39". Diese nicht gesenkten 3 %, von 36 bis 39, das ist das, was die Spitzenverdiener in die gemeinsame Kasse zahlen, damit die Kinder keine Kopfpauschale zahlen müssen. Das ist ein bisschen kompliziert; ich habe es anhand anderer Beispiele schon einmal erläutert. Ich lasse das heute weg, weil Herr Kirchhof diesbezüglich alle schlägt. Wer aber so argumentiert, wer also sagt: "Ich senke den Spitzensteuersatz nicht von 42 auf 36%, sondern nur auf 39 %, und dadurch, dass ich sie nicht noch weiter senke, haben die Spitzenverdiener ihren Beitrag zur Kopfpauschale geleistet", dem kann ich nur sagen: Wer die Merkel hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Sauerländisch grob gesprochen: Verarschen können wir uns selbst! Aber es soll ja auch nicht bei den 39 % bleiben, sondern es soll ja bei 25 % ankommen. Jetzt ist natürlich wieder die Frage: Wie ist es mit der Kinderkopfpauschale? - Das weiß ich auch nicht mehr. Wahrscheinlich wissen die anderen auch nicht mehr, wie sie eigentlich mit ihren tagtäglichen neuen Botschaften klarkommen wollen. Ich will noch ein Wort sagen, das auch mit dem Verhalten auf der anderen Seite zu tun hat, zu der Art und Weise, wie sich Stoiber gegenüber den Menschen in den neuen Ländern verhalten hat: Der Artikel 38 des Grundgesetzes sagt etwas über gleiche, freie Wahlen. Darüber redet man nicht jeden Tag, aber dafür haben Sozialdemokraten gekämpft. Das haben wir 1918, als wir das erste Mal regierten, durchsetzen können - übrigens auch das Wahlrecht der Frauen. Das, was wir da durchgesetzt haben, kann man nicht dadurch konterkarieren, dass Herr Stoiber sagt, die Stimmen seien doch wohl nicht alle gleich viel wert. - Etwas anderes hat er ja nicht gesagt. Wer sagt "Da gibt es eine bestimmte Landsmannschaft oder eine bestimmte Region in diesem Land, die kann nicht letztlich darüber entscheiden, ob eine Wahl so oder so ausgeht", der geht an den Grundsätzen demokratischer Gesinnung vorbei. Deshalb weise ich das noch einmal ausdrücklich zurück, liebe Genossinnen und Genossen. Ich weiß, das ist schwer zu sagen, aber auch die Menschen, die anders abstimmen, als ich es möchte, haben den Respekt verdient. Nur weil jemand nicht Bundeskanzler geworden ist und jetzt beleidigte Leberwurst spielt, weil er glaubt, die im Osten hätten ihm das versaut, kann man das nicht einfach durchgehen lassen. Das, was der Herr Stoiber da veranstaltet, ist nicht in Ordnung. Ich muss auch etwas zu dem Frust sagen. Da bitte ich nun alle bayerischen Kolleginnen und Kollegen ein bisschen um Nachsicht. Aber ich bin nun alt genug, um das sagen zu können: Nach dem Krieg war Bayern ein wirklich schönes Agrarland, sehr gut geeignet für Fremdenverkehr. Dann haben wir in Nordrhein-Westfalen Kohle aus dem Berg geholt und denen geschickt, damit sie etwas zu stochen hatten, und wir haben ihnen Kohle gegeben, nämlich Geld, damit sie daraus etwas Gutes machen konnten. Dann hat der Freistaat 36 Jahre lang - von 1950 bis 1986 - aus der gemeinsamen Kasse aller Bundesländer Geld bekommen. 36 Jahre lang! Damit haben die Gutes gemacht, mindestens in Freising und München. Ich weiß nicht, ob auch im Bayerischen Wald und in der Oberpfalz. Darüber denkt Ludwig Stiegler wahrscheinlich anders. Ich sage nur: Wer 36 Jahre lang aus der Kasse aller profitiert hat und so groß geworden ist, der sollte die Backen nicht so dick aufblasen, wenn es heute Länder im Osten gibt, die nach 15 Jahren noch nicht an der Spitze der Bewegung stehen, liebe Genossinnen und Genossen! Ja, das ist eine Richtungswahl. Das ist allerdings keine Schicksalswahl. Frau Merkel behauptete in den letzten Tagen immer, das sei eine Schicksalswahl. - Schicksal, liebe Genossinnen und Genossen, ist etwas, was man nicht abwenden kann. Aber Frau Merkel kann man abwenden. Insofern sage ich: Das ist keine Schicksalswahl, aber eine Richtungswahl! Ich will ein paar Worte an die richten, die in Gefahr sind, die PDS zu wählen. Das sind weggeworfene Stimmen. Die PDS hat keine Chance, im Deutschen Bundestag mitzuentscheiden und mitzubestimmen, in keiner Konstellation. Das ist definitiv. Deshalb muss man das auch klipp und klar so ansprechen. Es geht um die Verantwortung. Es geht um die Frage, was diejenigen tun, die PDS wählen, was sie auf der anderen Seite ermöglichen. Die Sprüche, die ich von denen höre, erinnern mich an Dinge, die vor 10 oder 20 Jahren gesagt worden sind. Ich gebe zu, es gibt auch von mir Zitate von vor 10 oder 20 Jahren, die anders waren als das, was ich heute sage. Das ist aber keine Schande, liebe Genossinnen und Genossen. Eine Schande ist es, wenn man in seinem Leben nicht dazulernt, wenn man die Entwicklung dessen, was um einen herum passiert, ignoriert und so tut, als sei alles so geblieben, wie es gewesen ist. Die Geschichte des Herrn Keuner kennt ihr alle. Daran wurde ich in den letzten Tagen doch sehr erinnert. Als er nach vielen Jahren seinen Freund wieder traf und der ihm gesagt hat "Du hast dich gar nicht verändert", steht bei Bertolt Brecht: Und K. erbleichte. - Ich könnte auch sagen: Und L. erbleichte. - Ein bisschen dazuzulernen, ist schon erlaubt. Das ist bei ihm nicht passiert. Die Fragen eines lesenden Arbeiters fallen einem ein, wenn man die beiden da vorne auf der Bühne gesehen und gehört hat, wie sie geredet haben. Diese Fragen eines lesenden Arbeiters enden bekanntlich mit einer Frage: Alle zehn Jahre ein großer Mann, wer bezahlt die Spesen? - Die "Bild am Sonntag" ganz sicher nicht. Liebe Genossinnen und Genossen, wir haben in diesen sieben Jahren viel miteinander erkämpft und durchgekämpft und durchgesetzt. Vieles ist erreicht. Manches ist noch zu tun. Wir alle haben unseren Teil dazu beigetragen. Viele von denen, die es vorne an der vordersten Front getan haben, sitzen hier mit im Saal. Einer hat aber mehr als jeder andere von uns Verantwortung übernommen und übernehmen müssen und steht als Person für diese Phase deutscher Politik. Er hat abgewogen und entschieden. Er hat mutig gehandelt und durchgehalten, auch in schwierigen Abschnitten. Er hat sich etwas zugemutet, manchmal auch der Partei. Aber so hat er dem Land eine Schneise für eine gute Zukunft geschlagen und der SPD die Möglichkeit geschaffen, sich gegenüber den Herausforderungen der Zeit entschlossen zu behaupten und mit der Erneuerung des Landes auch uns selbst zu modernisieren. Gerhard Schröder hat Format gezeigt und Statur bewiesen. Lieber Gerhard, du bist ein guter Kanzler. Wir wollen, dass du Bundeskanzler bleibst. Es gibt noch viel zu tun für dich hier im Land und international. Wir wollen mit dir an der Spitze der Regierung diese Erneuerung vorantreiben und das Land zusammenhalten - beides ist in gleicher Weise wichtig -, die richtigen Antworten auf Globalisierung und demografische Entwicklung geben, auch Antworten auf die Revolution in der Kommunikations- und Informationstechnologie, Antwort auf die Notwendigkeit, die moderne Industrie-, Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft zu einem Hochleistungsland zusammenzufügen, also Deutschland zu erneuern und das Soziale zu garantieren, die staatlich organisierte Solidarität, die soziale Gerechtigkeit. Jeder engagiert sich mit seinen Fähigkeiten in diesem Land und für dieses Land, alle tragen ihren Teil Mitverantwortung, Deutschland zusammenzuhalten. Erneuerung und Zusammenhalt sind deine Sache und unsere Sache. Die Sozialdemokratie hat immer gewusst, dass Gesellschaft und Politik nie fertig sind, dass überhaupt nichts fertig ist, dass auch nichts sicher ist - nicht die Demokratie und nicht der Wohlstand und nicht die Arbeitnehmerrechte - und dass um alles das immer wieder neu gekämpft werden muss unter veränderten Bedingungen. Wir wissen und wussten: Die perfekte Welt gibt es nicht. Die heile Welt gibt es nicht. Den neuen Menschen gibt es nicht, von dem ab dann alles gut ist. Das haben immer nur die Fundamentalisten links und rechts geglaubt. Wir haben gewusst: Wir müssen kämpfen, wir müssen streiten, wir müssen jeden Tag kämpfen - möglichst nicht jeden Tag bis zum Umfallen, aber bis an den Rand dessen, was wir alle zu leisten in der Lage sind. Wir wollen, dass es gut ist. Wir wollen, dass es besser ist. Dazu zitiere ich Karl Richter - Frank kennt ihn -, einen Genossen hier aus Berlin, der 101 Jahre alt ist, dem wir vor einem Jahr zum Hundertsten gratuliert haben, der uns aus der Geschichte seines Lebens erzählt hat. Er war damals 87 Jahre Mitglied der Partei und der Gewerkschaften. Jetzt sind es 88 Jahre. Ich habe dem Karl Richter gesagt: Zieh' doch mal das Resümee deines Lebens! Um was geht es eigentlich? - Darauf hat der Karl Richter gesagt: "Man muss das Leben nehmen, wie es ist, aber man darf es nicht so lassen". Ich finde, liebe Genossinnen und Genossen, das ist eine Lebensweisheit, die zu sozialdemokratischer Grundüberzeugung passt. Wir sind nicht auf Wolke Sieben. Wir sind keine Illusionisten. Wir wissen, wie das Leben ist. Wir machen uns da nicht selbst etwas vor. Aber wir finden uns nicht damit ab, wie die Dinge sind. Wir wollen, dass es besser wird, im Großen und im Kleinen. Wir wollen, dass es den Menschen auf diesem Stern und bei uns im Land gut geht. Dafür streiten wir. Deshalb vertrauen wir Deutschland, und deshalb kann Deutschland uns vertrauen. Deshalb kann sich Deutschland auf Gerhard Schröder und auf die deutsche Sozialdemokratie verlassen, liebe Genossinnen und Genossen. Glück auf!