Dregger 09.11.1989 Erklärung im Bundestag zur Öffnung der Mauer - im Wortlaut Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mein erstes Wort im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion möchte ich an die Deutschen in der DDR richten. Wir haben gestern in der Debatte zur Lage der Nation Ihre Bestrebungen diskutiert. Wir haben unseren Respekt und unsere Bewunderung darüber zum Ausdruck gebracht, wie Sie in Ihren Städten, insbesondere bei der großen Veranstaltung in Ost-Berlin, Ihren Willen zum Frieden und zur Freiheit zum Ausdruck gebracht haben. Ich habe gesagt: Wir alle können stolz darauf sein, einem Volk anzugehören, das seinen Willen zur Freiheit und zum Frieden so zum Ausdruck gebracht hat wie die Deutschen in Ost-Berlin, in Leipzig und anderswo. Ich habe hinzugefügt: Auch technisch und ökonomisch stehen Sie uns in nichts nach. Wenn Sie nur frei sind und Ihre Fähigkeiten entfalten können, dann werden Sie auch auf diesem Gebiet sehr bald zu uns aufgeschlossen haben. Meine Damen und Herren, das zweite Wort möchte ich an die Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland richten. Daß wir 40 Jahre in Frieden und Freiheit leben konnten, ist nicht unser Verdienst, und daß unsere Landsleute in der DDR unter den Verhältnissen leben mußten, die nicht nur Freizügigkeit ausschlossen, lag nicht an ihnen. Wir sind jetzt in der Tat - da schließe ich mich Bundesminister Seiters und dem Kollegen Vogel an - zur Solidarität verpflichtet. Freizügigkeit bedeutet ja nicht nur, daß jetzt Menschen aus der DDR zu uns kommen, sondern daß auch wir in die DDR gehen können und daß jeder seinen Wohnsitz und seinen Aufenthaltsort frei wählen kann. Die Schwierigkeiten sind solche des Übergangs. Deswegen möchte ich dem Bundeskanzler, der in einer wichtigen Aufgabe in Warschau ist, dafür danken, daß er, bevor diese Entwicklung eintrat, noch vor seiner Reise nach Warschau, erklärt hat: Wenn in der DDR die Menschenrechte, die Freiheit und die Demokratie verwirklicht werden, wenn grundlegende Veränderungen stattfinden, dann wird unsere Hilfe auch eine neue Dimension erhalten. Ich möchte das im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstreichen. Darauf kann man sich verlassen. Ich hoffe, daß jetzt das eintritt, wofür die Demonstranten in der DDR auf die Straße gegangen sind: Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte.