Gorbatschow 06.10.1989 Rede Festveranstaltung zum 40. Jahrestag der Gründung der DDR Ost-Berlin - im Wortlaut Werter Genosse Erich Honecker! Liebe Genossen und Freunde! An diesem bedeutsamen Tag, dem 40. Gründungstag der Deutschen Demokratischen Republik, unseres bewährten Freundes und Verbündeten, möchte ich Ihnen und allen Bürgern der DDR die herzlichsten Grüße und Glückwünsche des sowjetischen Volkes übermitteln. Die ganze Nachkriegsperiode haben wir gemeinsam zurückgelegt, dabei unterstützten wir uns gegenseitig. Viele Schwierigkeiten galt es auf diesem Weg zu bewältigen. Auf ihm gab es steile Aufschwünge und dramatische Wendungen. Aber nichts - und ich sage dies mit einem Gefühl der größten Befriedigung - konnte das gegenseitige Vertrauen, die Solidarität erschüttern, die sich in den Beziehungen unserer beiden Bruderparteien, Länder und Völker behauptet haben. Heute möchte ich Ihnen, liebe Genossen, sagen: Wir schätzen unsere Freundschaft, wir sind den Idealen des Sozialismus und des Friedens, die uns vereint haben, treu, und wir sind fest entschlossen, das allseitige Zusammenwirken der Sowjetunion mit der Deutschen Demokratischen Republik weiter zu entwickeln. Das Ereignis, das wir heute würdigen, hat eine große politische Bedeutung. Die Schaffung eines Staates der Werktätigen im östlichen Teil Deutschlands übte eine wesentliche Wirkung auf die Nachkriegsgeschichte Europas aus, beeinflußte auch den Lauf der Weltgeschichte. Der blutige Krieg, der mit einer vernichtenden Niederlage des Dritten Reichs endete, hatte - so schien es - die Möglichkeit sozialistischer Umwandlungen auf deutschem Boden weit hinausgeschoben. Die Kriegszerstörungen, unter denen überwiegend der Ostteil Deutschlands zu leiden hatte, und vor allem die geistige Verwüstung, das giftige Erbe der militaristischen und nazistischen Eroberungsideologie im Bewußtsein der Menschen - all das weckte große Zweifel an der Realität einer solchen Perspektive. Gerade deshalb müssen wir heute die Heldentat der Aktivisten der ersten Stunde aufrichtig bewundern, die vor keinen Hindernissen zurückschreckten, um ihre Landsleute von der Notwendigkeit einer Entscheidung für den Sozialismus zu überzeugen, die, um es mit Marx' Worten zu sagen, "den Himmel stürmten". In diesem mutigen Kampf für die Zukunft konnten sie sich auf die allseitige sowjetische Hilfe stützen. Viele von unseren Kriegsveteranen bezeugen in ihren Erinnerungen, daß die sowjetischen Soldaten, als sie den Boden Deutschlands betreten hatten, in den Deutschen nicht nur einen besiegten Gegner sahen, sondern auch ein großes Volk, das von einer rechtswidrigen, verbrecherischen Macht in die Sackgasse getrieben wurde, das am Rande eines Abgrunds stand und das Hilfe brauchte, um sich wieder aufzurichten, um wieder das Gefühl der menschlichen und der nationalen Würde zu erlangen. Und es ist sehr wichtig zu verstehen, daß der Kurs auf allseitige Unterstützung der DDR nicht nur von politischem Kalkül, vom verständlichen Bestreben unseres Staates bestimmt war, einen starken Verbündeten in der Gestalt einer sozialistischen deutschen Republik zu bekommen. Dahinter stand auch der glühende Wunsch der Sowjetmenschen, in der Arbeiterklasse, der Bauernschaft und der Intelligenz des neuen Deutschland verläßliche und treue Mitarbeiter auf unserem historischen Weg zu finden. Heute, nach 40 Jahren, können wir sagen, daß diese Hoffnungen sich erfüllt haben. Während historisch kurzer Frist wurden in der DDR unter der Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands tiefe sozialökonomische Umgestaltungen durchgeführt. Entmilitarisierung, Entnazifizierung und Demokratisierung haben den Boden für die Behauptung der sozialistischen Werte in der Gesellschaft vorbereitet. Parallel dazu wurden in schnellem Tempo Werke und Fabriken wieder aufgebaut, viele Zweige der Grundlagenindustrie praktisch neu geschaffen, die Städte wuchsen auf den Ruinen. Schon Ende der sechziger Jahre hatte die DDR fest ihren Platz unter den zehn entwickeltsten Industriestaaten der Welt eingenommen, und seitdem wächst ihre Wirtschaft beständig. Was das Leben der Menschen, die Arbeits- und Lebensbedingungen, die Wohnverhältnisse, das Gesundheitswesen und die Volksbildung betrifft, so sind die Errungenschaften unserer deutschen Genossen allgemein bekannt. Natürlich hat die DDR, wie jedes andere Land, ihre eigenen Entwicklungsprobleme, die ihre Durchdenkung und ihre Lösung erfordern. Sie sind sowohl vom inneren Bedürfnis der Gesellschaft zur ständigen Weiterentwicklung hervorgerufen als auch vom allgemeinen Prozeß der Modernisierung und Erneuerung, der jetzt im gesamten sozialistischen Lager vorgeht. Alle Staaten sind von Integrationsprozessen, von Veränderungen innerhalb der internationalen wirtschaftlichen und politischen Ordnung ergriffen. Keiner kann gegenüber den globalen Problemen und Erfordernissen der wissenschaftlich-technischen Revolution teilnahmslos bleiben. Wir zweifeln nicht daran, daß die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands mit ihrem intellektuellen Potential, ihren reichen Erfahrungen und ihrer politischen Autorität imstande ist, in Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Kräften Antwort auf die Fragen zu finden, die durch die Entwicklung der Republik auf die Tagesordnung gestellt wurden und die ihre Bürger bewegen. Eigentlich geht es um die Entfaltung der Möglichkeiten, die unserer sozialistischen Ordnung innewohnen - der Ordnung der Werktätigen, der Volksherrschaft. Die Sowjetunion ist aufrichtig daran interessiert, daß die Deutsche Demokratische Republik weiterhin erstarkt, wächst und sich entwickelt! Wir wünschen Ihnen Erfolg, als Ihre Freunde und Wirtschaftspartner. Im Laufe der vier Jahrzehnte haben die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen unseren beiden Ländern praktisch alle Zweige der Volkswirtschaft erfaßt und gewaltige Maßstäbe angenommen. Man braucht nur zu erwähnen, daß praktisch jeder zweite Werktätige der DDR und dementsprechend Millionen sowjetischer Menschen unmittelbar an der wissenschaftlich-technischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit teilnehmen. Es besteht bekanntlich ein bestimmter progressiver Zusammenhang: Je verzweigter die wirtschaftlichen Verbindungen ihrem Charakter nach werden, desto mehr Möglichkeiten bestehen zu ihrer weiteren Entwicklung und desto stärker ist der Bedarf an ihrer Vervollkommnung. Im Laufe der vorangegangenen Treffen hatten wir mit den führenden Persönlichkeiten Ihrer Republik sachliche Gespräche zu diesem Thema. Die getroffenen Vereinbarungen beginnen bereits Früchte zu tragen. Dies sind die Direktbeziehungen zwischen Betrieben und wissenschaftlichen Einrichtungen ebenso wie die Bildung von ersten Gemeinschaftsunternehmen und das Zusammenwirken bei der Ausbildung von qualifizierten Leitungskadern. Wir sind der Meinung, daß heute alle Voraussetzungen dafür gegeben sind, um in nächster Zeit unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit eine neue Qualität zu verleihen. Bilateral und im Zusammenwirken mit anderen Mitgliedsländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe könnten wir die Schaffung fortgeschrittener Technologien vorantreiben, um den Eigenbedarf unserer Länder zu decken und damit auf den Weltmarkt zu gehen. Ich möchte besonders folgendes erwähnen. Für die sozialistische Welt wie für die heutige Zivilisation insgesamt ist die wachsende Vielfalt der Formen der Produktionsorganisationen, der sozialen Strukturen und der politischen Einrichtungen charakteristisch. Es erfüllt sich die These W. I. Lenins, daß jede Nation ihre Eigenart in diese oder jene Form der Demokratie, dieses oder jenes Tempo der sozialistischen Umwandlungen einbringen wird. Die Versuche der Unifizierung und Standardisierung in den Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung, einerseits der Nachahmung, andererseits der Aufzwingung von irgendwelchen verbindlichen Mustern, gehören der Vergangenheit an. Die Palette der schöpferischen Möglichkeiten wächst, die Idee des Sozialismus an sich bekommt einen unvergleichlich reicheren Inhalt. Die Auswahl der Entwicklungsformen ist eine souveräne Angelegenheit eines jeden Volkes. Aber je größer die Vielfalt und Eigenart dieser Formen ist, desto stärker ist auch der Bedarf an Erfahrungsaustausch sowie an der Diskussion theoretischer und praktischer Probleme. Und natürlich am gemeinsamen Handeln. Anders ausgedrückt, ist die Mannigfaltigkeit nicht nur kein Hindernis, sondern im Gegenteil ein weiteres gewichtiges Argument für die Entwicklung der Zusammenarbeit. Dies ist der Standpunkt unserer Partei, auf dieser Basis sind wir bestrebt, unsere Beziehungen zu den sozialistischen Ländern aufzubauen. Gleichberechtigung, Eigenständigkeit, Solidarität - das bestimmt heute den Inhalt dieser Beziehungen. Der 40. Jahrestag der Deutschen Demokratischen Republik ist ein historischer Meilenstein, der uns nicht nur den Anlaß gibt, sondern direkt verpflichtet, über die großen Probleme der gegenwärtigen internationalen Politik nachzudenken. Wir alle wissen, wie langwierig und kompliziert der Kampf um die völkerrechtliche Anerkennung der DDR war. Alle können sich an die dramatischen Ereignisse erinnern, die mit den Versuchen, die Republik zu destabilisieren, verbunden waren und Krisensituationen nicht nur im europäischen, sondern im internationalen Maßstab hervorgerufen haben. Andererseits ist für alle klar, daß der positive Prozeß, der jetzt KSZE-Prozeß genannt wird, nur dank des Realismus, der von den Teilnehmern auf beiden Seiten gezeigt wurde, möglich geworden war. Der Weg nach Helsinki wurde erst frei nach der Unterzeichnung der Verträge der UdSSR und dann auch der DDR und anderer sozialistischer Länder mit der Bundesrepublik Deutschland und der Unterzeichnung des Vierseitigen Abkommens über West-Berlin. Der 50. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges gab den Anlaß für lebhafte Diskussionen und Auseinandersetzungen, für die Suche in der Geschichte nach den Antworten auf die Fragen, die die Gegenwart uns gestellt hat. Leider passiert es auch, daß man in der Geschichte nur eine solche Antwort sucht, die man bekommen will. Ich meine damit die Versuche, die Schuld für die Spaltung Europas in sich gegenüberstehende militärische Blöcke auf die Sowjetunion und ihre Verbündeten zu schieben. Man fordert uns unaufhörlich auf, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Spaltung zu unternehmen. Wir haben schon Aufforderungen gehört wie: Die UdSSR soll die Berliner Mauer beseitigen, dann könne man erst endgültig an ihre friedlichen Absichten glauben. Und in der BRD kommen in der letzten Zeit Stimmen auf, die die Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen von 1937 fordern, und auch das polnische Schlesien kommt wieder zur Sprache. Es scheint, als würden die Reformen in der Sowjetunion und anderen sozialistischen Ländern einige Politiker dazu verführen, diese oder jene ihrer alten Ansprüche wieder geltend zu machen. Es ging so weit, sogar eine zweifelhafte Interpretation der im Juni in Bonn unterzeichneten sowjetisch-westdeutschen Erklärung zu geben. Diese Fragen haben eine außerordentliche Bedeutung für das Schicksal der europäischen Völker, für den Weltfrieden. Deshalb braucht man hier volle Klarheit. Vor allen Dingen sollten unsere westlichen Partner davon ausgehen, daß die Fragen, die die DDR betreffen, nicht in Moskau, sondern in Berlin entschieden werden. Die DDR ist ein souveräner Staat, sie unternimmt selbständig Maßnahmen, die verschiedene Aufgaben des Schutzes ihrer Interessen, ihre Innen- und Außenpolitik betreffen. Die Sowjetunion will sich natürlich ihrer Verantwortung für die Lösung europäischer Probleme nicht entziehen. Gemeint ist die Verantwortung, die auf internationalen Abkommen aufbaut und von der Rolle bestimmt wird, die die Siegerstaaten des Zweiten Weltkrieges spielen. Wenn man den letzten Meinungsumfragen glaubt, so denken viele Jugendliche in der BRD, daß ausgerechnet die Sowjetunion nach dem Krieg für die Spaltung Deutschlands aufgetreten war. Es muß daran erinnert werden, daß der Standpunkt der Sowjetunion gerade entgegengesetzt war: Sie trat für die Erhaltung der Einheit Deutschlands ein. Ganz andere Vorschläge wurden von unseren westlichen Verbündeten erwogen. Einer von ihnen sah sogar das Zurückwerfen des Landes ins 18. Jahrhundert vor, indem es in mehrere Fürstentümer aufgeteilt werden sollte. Ebenfalls müßte daran erinnert werden, daß zuerst die BRD geschaffen wurde, und erst danach wurde im Osten Deutschlands der Beschluß gefaßt, einen eigenen Arbeiter-und-Bauern-Staat zu schaffen. Und letztendlich darf man nicht vergessen, daß zuerst das Nordatlantische Bündnis formiert wurde, und erst sechs Jahre danach; nach der Aufnahme der BRD in die NATO, unterzeichneten die UdSSR und eine Reihe osteuropäischer Staaten den Warschauer Pakt. Jawohl, die Konfrontation hat, sobald sie begann, ihre Logik gefunden. Aber um so weniger darf man vergessen, in welcher Reihenfolge die Ereignisse vor sich gingen. Jetzt zur Ordnung, die in Europa entstanden ist. Wir idealisieren sie nicht. Das Wesentliche aber ist, daß bis jetzt gerade die Anerkennung der Nachkriegsrealitäten den Frieden in Europa sicherte. Mehr noch - aus dieser Ordnung heraus entstand der Prozeß von Helsinki, dessen Weiterführung weitere positive Veränderungen in der gesamteuropäischen Lage verspricht und den Bau des gesamteuropäischen Hauses in Aussicht stellt. Mit einem Wort, die auf dem Kontinent bestehenden Realitäten, einschließlich der Grenzen der souveränen Staaten als Schlüsselkomponente, versperren den Weg für den Fortschritt der internationalen Beziehungen nicht. Jedesmal, wenn im Westen auf die Änderung der Nachkriegskarte Europas gesetzt wurde, führte dies zu einer erneuten Spannung der internationalen Lage, einer Erhöhung der Gefahr eines atomaren Konflikts und trug in keiner Weise zur Lösung aktueller Probleme bei, die die Interessen der Menschen berührten. Und umgekehrt, die Durchsetzung eines realistischen Kurses brachte große positive Ergebnisse sowohl für die generelle Gesundung des europäischen Klimas als auch für die Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten und für die Vertiefung der Kontakte zwischen den Menschen. Im vorigen Jahrhundert hat an der russischen Gesandtschaft in Bayern viele Jahre ein bekannter Dichter, Fjodor Tjutschew, gearbeitet. Das Programm von Bismarck kommentierte er in folgender Weise: "Zur Einheit - wie der Große prophezeite, - Wird man mit Eisen nur und Blut getrieben ... Doch wir versuchen es mit Liebe, - Wer recht hat, wird die Zukunft dann entscheiden." Der Lyriker Tjutschew drückte mit dem Wort "Liebe" aus, was wir heute unter Übereinstimmung, Zusammenarbeit, Zusammenwirken, menschlicher Kommunikation in bezug auf Europa im 20. Jahrhundert verstehen. Gerade die realistische Linie hat es erlaubt, unsere Beziehungen mit der BRD zum beiderseitigen Nutzen und zur beiderseitigen Zufriedenheit weit voranzubringen, eine Reihe von für beide Länder vorteilhaften Abkommen zu schließen. Man möchte hoffen, daß diese Herangehensweise auch weiterhin überwiegen wird. Daran sind alle Völker des Kontinents interessiert. Auf diesem und nur auf diesem Wege kann der positive Prozeß der Annäherung von Ost und West vor sich gehen, in dessen Verlauf alle Schranken der Feindseligkeit, der Entfremdung und des Mißtrauens zwischen den europäischen Völkern fallen. Wir glauben, daß die Arbeit, die in der letzten Zeit auf der Grundlage des neuen politischen Denkens gemeinsam geleistet worden ist, ihrerseits gute Startmöglichkeiten für die nächste und fernere Zukunft geschaffen hat. Das betrifft die Perspektiven der Abrüstung und in erster Linie den Erfolg der Verhandlungen zwischen den Vertretern der beiden militärpolitischen Gruppierungen in Wien. Das betrifft die Zusammenarbeit bei der Lösung der für Europa so wichtigen Umweltprobleme. Das erfaßt auch die gegenseitig vorteilhafte Kooperation auf ökonomischem Gebiet. Ich möchte das so formulieren: Wenn es gelingt, alles zu verwirklichen, was wir uns heute vorgenommen haben, bedeutet dies die endgültige Trennung von der Ära des "Kalten Krieges" und den Beginn einer wirklich friedlichen Periode in der europäischen Geschichte. Die Sowjetunion ist aufrichtig daran interessiert, daß diese für die europäischen Völker und für die ganze Menschheit einzigartige Chance nicht verspielt wird. Ich glaube, wir haben unsere Aufrichtigkeit mit Taten bewiesen: nämlich durch die Umgestaltung innerhalb des Landes und die neue Außenpolitik. Ich möchte die wichtige Rolle unterstreichen, die die Deutsche Demokratische Republik bei der Sicherung einer stabilen und friedlichen Entwicklung auf unserem Kontinent spielt. Neben der aktiven Teilnahme an kollektiven Aktionen der Staaten des Warschauer Vertrags haben die deutschen Genossen eine Reihe von eigenständigen außenpolitischen Ideen hervorgebracht, deren Realisierung nach unserer Meinung zur Festigung der Sicherheit im Zentrum des Kontinents beitragen wird. Wir sind optimistisch in bezug auf die Perspektiven der Entwicklung der Lage in Europa und der Welt. Die Gespräche mit dem Präsidenten von Frankreich, FranGois Mitterrand, dem Premierminister von Großbritannien, Margaret Thatcher, dem Bundeskanzler der BRD, Helmut Kohl, und anderen Politikern haben mich darin noch bestärkt. Eine gute Nachricht für die Welt sind die Vereinbarungen, die vor kurzem in Wyoming getroffen wurden. Präsident Bush hat in seiner Rede vor der gegenwärtigen Tagung der UNO-Vollversammlung die Bereitschaft geäußert, mit uns gemeinsame Anstrengungen zur Lösung eines breiten Spektrums aktueller internationaler Probleme zu unternehmen. Ich begrüße diese Erklärung und messe einem neuen sowjetisch-amerikanischen Gipfeltreffen große Bedeutung bei. Es gibt Anzeichen dafür, daß die Politik des Realismus und der Vernunft in den internationalen Beziehungen ein Gemeingut wird in Parteien und Bewegungen verschiedener Richtungen für Kommunisten, Sozialisten, Christdemokraten, Liberale, Grüne. Es gibt tatsächlich nichts Wichtigeres als zwei grundlegende Wahrheiten, zu denen die Menschheit im 20. Jahrhundert unter großen Opfern gelangte. Erstens: Im Atomzeitalter, da vor der Menschheit die Aufgabe des Kampfes ums Überleben steht, können die brennendsten Probleme der Gegenwart nur durch gemeinsame Anstrengungen und auf friedlichem Wege, durch politische Mittel gelöst werden. Einen anderen Weg gibt es nicht, ein anderer Weg wäre für alle tödlich. Zweitens: Die Geschichte hat ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten, ihr Tempo, ihren Rhythmus, die vom Heranreifen objektiver und subjektiver Entwicklungsfaktoren bestimmt werden. Das zu ignorieren bedeutete, neue Probleme zu schaffen. Es ist uns bekannt, welch großes Interesse in der DDR unseren Angelegenheiten, den radikalen Umgestaltungen in der Sowjetunion entgegengebracht wird. Die Umgestaltung ist ein äußerst schwieriges Werk, das und der Partei von dem Volk die größte Anspannung aller physischen, geistigen und moralischen Kräfte erfordert. Aber sie ist für uns lebensnotwendig und - wir sind fest davon überzeugt - sie wird unser Land zu neuen Erfolgen führen und das reiche Potential des Sozialismus unvergleichlich weiter entfalten. Demokratisierung, Offenheit, sozialistischer Rechtsstaat, freie Entwicklung aller Völker und ihre gleichberechtigte Mitbestimmung in den Angelegenheiten, die das ganze Land betreffen, würdige Lebensbedingungen für die ganze Bevölkerung und garantierte Rechte für jeden, umfassende Möglichkeiten für das Schöpfertum eines jeden Menschen - das erstreben wir, und von diesen Zielen lassen wir uns leiten. Unsere Partei und unser Volk sind fest entschlossen, die Reformen, die die sowjetische Gesellschaft radikal erneuern sollen, zum erfolgreichen Abschluß zu bringen. Gestatten Sie mir abschließend, den Kommunisten, den Mitgliedern der anderen demokratischen Parteien, der Arbeiterklasse, den Genossenschaftsbauern, der Intelligenz, den Veteranen und der Jugend der Deutschen Demokratischen Republik neue Erfolge in Wirtschaft und Kultur, bei der weiteren Vervollkommnung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen, bei der Entfaltung der sozialistischen Demokratie, in allen Bereichen des Lebens Ihrer Heimat zu wünschen. Es lebe die Deutsche Demokratische Republik! Möge die Freundschaft zwischen den Völkern der UdSSR und der DDR sich weiter festigen!