Wehner 20.06.1968 Bundestagsrede über Vertretung und Wahrung der Interessen der Nation - im Wortlaut Herr Präsident, meine Damen und Herren! Obwohl ich wohl davon ausgehen darf, daß der Bundesminister des Auswärtigen und der Bundeskanzler im Verlauf dieser Debatte noch zu einer ganzen Reihe jener Fragen und Bemerkungen selbst Stellung nehmen werden, muß ich jetzt doch einige Bemerkungen zu Ausführungen der Kollegen Mischnick, Genscher und ebenso von Wrangel und Gradl machen, nämlich soweit sie sich auf die Problematik der unbehinderten Zufahrtswege von und nach Berlin beziehen. Ich fürchte, das könnte im weiteren Verlauf der Debatte, die sich dann auffächern wird, unter Umständen zu kurz kommen, obwohl eigentlich diese Frage, um die es jetzt ging, durch das Vorzeichen, unter das diese Debatte gestellt ist - Ausgangspunkt war eine Große Anfrage, die offensichtlich erst einmal unter ganz anderen Gesichtspunkten entworfen werden konnte; dann hat sich aber die Debatte durch bestimmte Umstände, wie gesagt, weiterentwickelt -, eine erhebliche Rolle spielt. Ich denke, Sie werden es mir nachsehen, wenn ich wenigstens sage, daß ich als der Minister für gesamtdeutsche Fragen zu manchen dieser Dinge, die hier mit der Berlin-Problematik, mit dem Berlinhilfegesetz und mit dem, was dazu angemerkt worden ist, zusammenhängen, eigentlich einiges sagen möchte. Aber das muß man sich bei dieser Fülle von Fragen natürlich leider verkneifen. Ostberliner Maßnahmen sind Schubladenverordnungen Bei dem am 11. Juni dieses Jahres verkündeten und unverzüglich auch in Vollzug gebrachten Akt von Maßnahmen, die den Paß- und Visazwang und erhebliche Auflagen für den Personen- und Güterverkehr im getrennten Deutschland angehen, handelt es sich - ich möchte das noch einmal betonen, weil es in der Debatte ein wenig in Frage gestellt worden ist, wie sich das eine nun mit dem anderen reime - um die Verwirklichung einer lange gehegten Absicht. Was immer Sie sonst, meine Damen und Herren, die Sie sich dazu geäußert haben, davon meinen mögen - ob nun unsere Seite, wenn es sich um eine lange gehegte Absicht handelte, genügend rasch ihre Reaktionen habe eintreten lassen oder nicht -: Wenn es darüber Meinungsverschiedenheiten gibt - und es gibt sie natürlich, wie man hat hören können -, so sollte doch damit nicht die Tatsache abgeschwächt werden, daß es sich um einen lange vorbereiteten Akt handelt. Denn seit einigen Jahren ist von dieser Notwendigkeit, und zwar mit verschiedener Betonung immer wieder gesprochen worden. Hier haben wir einmal tatsächlich Schubladenverordnungen, die praktiziert werden, vor uns gehabt. Es ist bekannt - aber das braucht man hier nur am Rande zu bemerken -, daß das von einer Seite geschieht, die umgekehrt versucht hat, mit dem Terminus "Schubladenverordnungen" sehr viel hier in Bewegung zu bringen. Der Herr Dickel, der dort für die DDR-Regierung in der Volkskammer diese Maßnahmen begründet hat, hat am Schluß seiner Begründung sehr betont gesagt: Die Maßnahmen werden die Autorität der Deutschen Demokratischen Republik erhöhen. Autorität soll in diesem Zusammenhang verstanden werden als die Zuständigkeit, darüber zu befinden, unter welchen Bedingungen und in welchen Formen Reisen und der Transport von Gütern nach und von Berlin und innerhalb des getrennten Deutschland vor sich zu gehen haben. Die Regierung, für die Herr Dickel das gesagt hat, leitet diese Zuständigkeit aus Abkommen ab, die sie mit der Sowjetregierung im September 1955 und im Juni 1964 geschlossen hat. Sie betrachtet sich als zuständig für die Regelung des deutschen Verkehrs. Das ist also der Sachverhalt, mit dem wir es zu tun haben. Ich hatte ja gesagt, welche Ausführungen mich veranlassen, von dieser Stelle aus einiges zu sagen. Man käme nicht weiter - und man käme den Dingen noch nicht einmal auf den Grund -, wenn man annähme, daß auf unserer Seite angekündigte oder vereinbarte Reaktionen unterblieben seien. Man käme auch nicht weiter - ich möchte nebenbei sagen: höchstens bestätigte man -, und das würde dann in jedem Fall sicher ungewollt sein - die Tendenz der Propaganda der SED -, wenn man diese Frage, was eigentlich hätte getan werden sollen und nicht getan worden ist - wie es häufig gesagt wird -, zu einer Art Ausgangspunkt oder Schwerpunkt der Erörterungen machte. Die Vier-Mächte-Verantwortung für Berlin bleibt Ich nehme etwa eine Presseagenturmeldung zum Anlaß, die in breiterer Ausführung darstellt, was - wie es so häufig heißt - gut informierte Kreise in einer der großen westlichen Hauptstädte zu diesem Ereignis meinen. Da gibt es also etwa einen solchen Satz: Da die neuen Verordnungen jedoch den deutschen Zivilverkehr berühren, und da dieser Verkehr - wenn auch mit Störungen - weitergeht, überwiegt die Auffassung, daß es Sache der Bundesregierung sei, bei den Überlegungen über jene Maßnahmen den Ton anzugeben. Ich halte das für eine durchaus nicht im Einklang mit den rechtlichen Tatbeständen stehende Interpretation, und sie ist um so böser in der Wirkung und um so bitterer - wenn man sich das überlegt -, als sie eben von einer der maßgebenden Hauptstädte sozusagen lanciert wird. Ich halte das nicht für die Meinung der dortigen Regierung und des Präsidenten. Der Herr Bundeskanzler hat ja hier die Bereitschaft des amerikanischen Präsidenten dankend erwähnt, und dazu besteht bei der Gesamtsituation zweifellos Anlaß. Aber Meinungen setzen sich ja häufig aus vielen Bestandteilen zusammen, und wenn man sich nicht rechtzeitig dazu äußert oder wenn man sich so äußert, wie ich es leider von vielen Kommentatoren hier gehört und gelesen habe, als sei dem so, dann, so muß ich sagen, wird die Sache sehr schwierig. Denn dann leistet man etwas Vorschub, das so nicht gesehen werden muß und nicht gesehen zu werden braucht und nicht gesehen werden darf. In dieser Darstellung gab es dann - und das ergibt sich natürlich daraus, wenn man so ansetzt - eine bestimmte Überlegung; aber es ist eine Überlegung, zu der ich mich hier nicht breit äußern will, denn das trifft genau in das Gebiet hinein, über das hier der Bundesminister des Auswärtigen gesprochen hat und, wie ich annehme, auch noch einmal auf die in der Debatte dazu zum Vorschein gekommenen Meinungen zu sprechen kommen wird. Da heißt es dann nämlich: Wenn also in dieser Hauptstadt bei den laufenden Beratungen Bonn der Vortritt gelassen werde, so spiele dabei die Überlegung eine Rolle, daß es letztlich Sache der Bundesregierung sein müsse, die auf lange Sicht wesentliche Entscheidung darüber zu treffen, inwieweit sie ihre ganze Entspannungspolitik in Osteuropa durch weitgehende Gegenmaßnahmen mit einer neuen Hypothek belasten kann und will. Hier wird plötzlich alles auf den Kopf gestellt, so, als ob es unsere Sache sei zu überlegen, ob wir Entspannungspolitik treiben oder nicht treiben wollen, obwohl klar ist: Wir müssen sie treiben, wir wollen sie demgemäß auch treiben. Das ist eine nationale Existenzfrage. Und so sehen wir unsere Pflicht, in Europa in diesem so schwierigen Prozeß doch allmählich einander näherzukommen, so daß wir diese Politik machen müssen. Das ist vom Bundeskanzler heute deutlich gesagt worden, das ist vom Außenminister deutlich gesagt worden. Hier plötzlich stehen die Dinge auf dem Kopf, so daß dann der Schluß einer solchen Darstellung - einer die Dinge völlig verzeichnenden Darstellung - darin bestehen kann: Die Hoffnungen, daß die geplanten alliierten Protestschritte in Moskau etwas Positives bewirken können, sind in jener Hauptstadt gering. Schluß. So sieht das dann aus. Ohne hier den einen oder anderen Kollegen, der sich mit Recht mit diesen Fragen herumplagt, anzusprechen - das wollte ich ein wenig zur Illustration dessen gesagt haben, was ich ausdrücken wollte, indem ich bekannte: Man kommt nicht weiter und man kommt nicht einmal den Dingen auf den Grund, wenn man annähme, es seien hier Versäumnisse zu rügen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Problematik liegt einmal darin, daß Vier-Mächte-Abkommen und Vier-Mächte-Regelungen in der Auslegung im Laufe der Zeiten gewissen Entwicklungen unterworfen sind, auf die man immer scharf aufpassen muß und zu denen man sich melden muß, weil man ja auch sozusagen in diesen Entwicklungen selber steht, dazu gehört und sie mit in Richtungen zu bringen versuchen muß, die für alle Beteiligten gut sind. Aber - da muß ich an etwas anknüpfen, was Herr Kollege Genscher sagte - es gibt einfach für uns kein Entweder-Oder, also nicht die Möglichkeit entweder an die Alliierten zu appellieren oder - ich habe es nur sinngemäß mitgeschrieben - den freiwerdenden, durch die drei oder durch die vier Mächte freigegebenen Raum mit deutscher Politik zu füllen. Ich sehe das nicht als eine mögliche Alternative des Entweder-Oder an. Dazu möchte ich noch einiges sagen. Proteste gegen die Maßnahmen selbst und gegen die etwa durch gepfefferte Gebühren unterstrichene bürokratische Anmaßung beantwortet die DDR-Regierung teils mit der Bemerkung, dergleichen pflege sich an allen Grenzen abzuspielen - und dann wird in Klammern dazu gesagt, es liege ja bei uns, die kulanteste Form der Grenzübergangsregulierungen durch entsprechende vertragliche Regelungen zu erwirken -, und teils wird das mit dem höhnischen Hinweis darauf abgetan, daß es sich ja nur um papierene Proteste handele. Jetzt komme ich wieder zu einer Bitte: auf unserer Seite dieses Schlagwort, das genau der Tendenz der Gegenseite entspricht, nicht in der Weise zu strapazieren, daß sich die Gegenseite gewissermaßen bestätigt fühlt. Das hören Sie heute schon in den Sendern von 904 - ich will dafür keine Schleichwerbung treiben, was Sie wohl verstehen werden. Die andere Seite scheint sich darauf zu verlassen, daß ihre eigene Papieraktion - diese Formularkrönung von Mauer und entsprechende Trenngräben -, nämlich die Verursachung zusätzlicher Unbequemlichkeiten und zusätzlichen Ärgers mit Formularen und Gebühren, lediglich Einwände auf dem Papier von Protestnoten auslösen werde. Die Garantiemacht der DDR-Regierung, die Sowjetregierung selbst zieht sich, wie man sieht, aus der Affäre, indem sie erklären läßt, die Verbindungswege nach und von Berlin seien ja nicht gesperrt, es handele sich lediglich darum, unter Beachtung welcher Bestimmungen und Formalitäten sie benutzbar seien; dafür aber sei eben die DDR-Regierung zuständig. Die Reste der in Berlin residierenden und stationierten Truppen und Einrichtungen der drei Westmächte würden durch diese Maßnahmen im übrigen nicht berührt oder eingeschränkt. Das etwa ist das, was die Sowjetregierung dazu sagt oder schreiben und sagen läßt. Diese Arbeitsteilung zwischen DDR-Regierung und Sowjetregierung entspricht den Sprachregelungen, die beide in den Abkommen von September 1955 und von Juni 1964 getroffen haben, auf die man sich beruft. Der Streit darüber, ob die Sowjetregierung berechtigt sei, eigene Verpflichtungen in die Zuständigkeit der DDR-Regierung zu geben, der wird wohl und mag noch lange geführt werden. Die drei Westmächte haben sowohl 1955 als auch 1964 in bestimmter Form bestritten, daß die Sowjetregierung auf solche Weise sich Verantwortlichkeiten entziehen könne. Das haben sie auch jetzt neuerdings getan. Der Bundeskanzler hat mit Recht auf diese Erklärung zur Rechtslage von 1964 hingewiesen. Es gibt Elemente einer Krise Nun, es scheint eine Art Ermessensfrage zu sein - so sieht es für Dritte aus -, wann man unter solchen Umständen und ob man unter solchen Umständen von einer Berlinkrise sprechen könne. Ich will mich hier jetzt nicht in Schlagzeilen verfilzen. Die einen sagen, aus, es gebe keine; die anderen sagen, es werde keine geben. Nun, solange die beiden tatsächlichen Partner, die drei Westmächte auf der einen Seite, die Sowjetregierung auf der anderen Seite sich der Auffassung hingeben, es geschehe ja im Grunde genommen nichts Schlimmes, nichts Schlimmeres jedenfalls, als daß die beiden deutschen Seiten sich über die Bedingungen stritten, unter denen der deutsche Verkehr, der also für sich genommen wird, sich vollziehe, so lange kann offenbar formal behauptet werden, es gebe keine Berlinkrise. Aber ich halte das für eine schwere, schlimme Selbsttäuschung unter Umständen aller Beteiligten, bei den einen früher auf Grund dieser Erscheinung, bei den anderen später. Herr Kollege Genscher - wenn ich das mal eingeklammert sagen darf -, mich hat es sehr getroffen, als Sie - das war nicht in diesem Haus geschehen - im April einmal öffentlich vor Pressevertretern sagten, die Bundesregierung verberge eine sich entwickelnde schwere Berlinkrise. Die Begründung, die Sie damals geben ließen, war die bevorstehende Wahl in Baden-Württemberg. Das ist eine Behauptung, die nicht ohne Zurückweisung bleiben durfte. Hier geht es nicht darum, etwas durch Beschönigung oder dadurch, daß man es nicht zu schnell beim Namen nennt, ein wenig leichter zu machen, als es ist. Nein, ich möchte hier ganz klar sagen - jetzt wieder zurück auf das, was ich allgemein meine in bezug auf dieses formale Erklären, es gebe keine Berlinkrise oder es werde keine geben, und zu meiner Feststellung, das sei Selbsttäuschung -: Schließlich werden sich alle, die das tun, dabei selbst täuschen. Denn der Anspruch der DDR-Regierung auf Autorität in diesem Falle kann ja, wenn er in dieser Form hingenommen wird, wenn er nicht zum Anlaß wirklich ernster nicht nur Überlegungen, sondern auch politischer Schritte der Beteiligten gemacht wird, für sich drastischer geltend gemacht werden. Er enthält schon die Elemente einer Krise, die gradweise gesteigert wird, jedenfalls gesteigert werden kann. Denn wenn jemand sagt, er erteile Visen, so sagt er damit auch, er erteilt sie, wenn er will, auch nicht. Wenn er bestimmt, wer sie mit welchen Gebühren bekommt, dann sagt er auch, wer sie nicht bekommt ungeachtet dessen, daß er die Gebühren zahlen würde, wenn er sie bekäme. Programm der menschlichen Erleichterungen in Deutschland In diesem Zusammenhang muß man die Rede sehen, auf die heute vormittag der Regierende Bürgermeister Schütz dankenswerterweise ausführlich zu sprechen gekommen ist, indem er sie hier sozusagen zu Protokoll gegeben hat, jene Rede des Staatsratsvorsitzenden Ulbricht vom 1. Dezember mit diesen eigentümlichen Definitionen, bezogen auf die Abkommen von 1955 und von 1964, aber mit dieser Zuspitzung. Diese Rede muß man in diesem Zusammenhang sehen. Der Herr Kollege Gradl hat heute morgen gesagt, Ulbricht verhalte sich so, als ob der Rechtsstatus Berlins in diesem Falle gar nicht existiere oder nicht mehr existiere. Es ist nicht meine Sache, Sie hier zu korrigieren. Aber ich finde, es ist noch raffinierter, wie es gemacht wird. Denn es gibt wiederholte Äußerungen, die gerade auch in der letzten Zeit zitiert werden, die DDR-Regierung habe das Zugeständnis gemacht, daß, solange die Verhältnisse so sind, wie sie sind, sie entsprechend den Abkommen von 1955 und 1964 den freien Zugang nach Berlin-West und umgekehrt den freien Ausgang von Berlin-West gewährleiste. Aber wie - dafür sei sie eben zuständig. Hier wird von einem Zugeständnis gesprochen. Nun, wenn man die Dinge nimmt, wie sie sind, muß man sagen: Es sind nach keiner Richtung hin Wunder zu erwarten. Es ist unvermeidlich, daß sich alle Beteiligten darüber klar werden, wohin die Reise geht, wenn sich nicht alle Beteiligten aufraffen, für die Ordnung - ich meine: das Zueinander-Ordnen - zu sorgen, in der wenigstens vermieden werden kann, daß im Herzen Europas die Entwicklungen außer jeder Kontrolle geraten werden. Das ist das Entscheidende, auf das wir hinzuweisen haben und wofür wir, wenn es gut geht, die große, breite Mehrheit dieses unseres Volkes, gleichgültig, wo sie lebt oder leben muß, im Einvernehmen sich bewegen und auch äußern sehen möchte. Und so und in diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal sagen: Das wiederholt bekräftigte Angebot des Bundeskanzlers im Brief vom 28. September 1967 ist ein Ansatzpunkt - Herr Genscher, Sie haben heute einige Male darauf hingewiesen; das ist ja eine Interpretation jenes Briefes, bei dem Sie sogar die entscheidenden Begriffe...-, zu Verhandlungen über ein gemeinsam zu entwerfendes - also nicht von uns oder von denen aufgemutztes - und gemeinsam zu verwirklichendes Programm zu kommen, das - und da wird man ganz nüchtern und realistisch - wenigstens, nämlich solange die staatliche Spaltung dauert, die Bürde dieser Spaltung für unsere Menschen in ganz Deutschland erleichtern kann. Das ist ein Programm, das bis jetzt die Gegenseite nur polemisch öffentlich abzuwerten versucht hat. Fortsetzung der Politik der friedlichen Bemühungen Der Bundeskanzler hat ja, wenn ich mich nicht irre, am 11. März in seinem "Bericht über die Lage der Nation" hier nicht nur die Sache noch einmal bekräftigt, sondern auch gesagt: Wenn es zu solchen Gesprächen und Verhandlungen kommt, dann würde dabei auch das Thema Gewaltverzicht seinen Platz haben und seine Rolle spielen können. Ich habe das neuerdings noch einmal weiterentwickelt gehört. Der Bundeskanzler hat bei seinem Besuch in Berlin offensichtlich eine Antwort darauf gegeben, wie es sich mit diesem Vorschlag vom vorigen Jahr weiter verhalte. Wenn es aber so ist, daß sich die beiden tatsächlichen Partnergruppen - jetzt einmal auf den Status von Berlin und Deutschland als Ganzes bezogen -, nämlich die drei Westmächte einerseits und die Sowjetregierung andererseits, weiter so verhalten, als berühre es sie nicht, was die Deutschen allein offensichtlich nicht zuwege bringen - so wird ja räsoniert -, dann muß man argwöhnen, sie ließen mit dem Feuer spielen. Das ist die einzige Konklusion, die ich ziehen kann, wobei es sehr unterschiedliche Motive gibt, sogar gegensätzliche Motive, natürlich; hier soll nichts auf einen Nenner gebracht werden. Aber das kann nicht ungesagt bleiben. Der Herr Kollege Gradl hat heute morgen von einer Spirale gesprochen und er hat seiner Skepsis darüber Ausdruck gegeben, sich etwa darauf verlassen zu wollen oder zu können, daß das, was da im Vordergrund geschehe, schließlich nie ganz schlimm werden könne, weil im Hintergrund jemand stünde, der es schon verhindern werde. Diese Auffassung teile ich. Nur: Spirale! Hier haben wir es vielleicht mit einer Vorstellung zu tun, die einer alten Kampfregel aus dem ideologischen Arsenal dort entspricht. Sie besteht aus zwei Worten; dazwischen ist nur ein Strich und dahinter ein Fragezeichen: "wer - wen?" Der Herr Außenminister hat heute morgen einiges über "aktive Koexistenz" gesagt, und ich fand hochinteressant, was da im Zusammenhang mit den jugoslawischen Gesprächen gesagt worden ist. Hier haben wir aber eine andere Spielart, nämlich ein ganz hartes "Mal sehen, wer wen schließlich unter die Füße nimmt". Darum geht es. Wenn man das aber so meint, dann kann sich niemand darüber wundern, daß wir um unserer Selbstbehauptung willen alles Erdenkliche friedlich in Bewegung setzen, damit niemand sich darüber täusche, daß hier mit Feuer gespielt wird und wer hier mit Feuer spielt. So ist die Situation, daran kann man nichts ändern. Ich wollte Sie mit dem, was ich bisher gesagt habe, nur darauf aufmerksam machen, daß das eine völlig andere Art des Sichäußerns und des Den-vielen-Anfängen-Wehrens ist, als wenn man meint, es läge in unserer Hand, hier völlig umzusteigen auf eine andere Politik oder auf eine Politik, die nun einmal - ich habe es kürzlich so gesagt - auf einen Schelm anderthalbe setzen darf. Ich muß sagen, wenn ich in dem vielleicht nicht als ganz glücklich, von manchen als beleidigend empfundenen Wortbild bleiben darf: darüber würden sich die Schelme auf der anderen Seite wahrscheinlich sehr freuen - ich meine diejenigen, die damit gemeint sind. Die Interdependenz von politischen Ereignissen Ich muß nun auf Herrn Genschers Fragestellung zurückkommen, ob es sein Bewenden damit haben könne, entweder an die westlichen Alliierten zu appellieren oder den frei werdenden politischen Raum mit deutscher Politik zu füllen. Da muß man einmal das beachten, was die Gebildeteren und die Fachleute die Interdependenz von politischen Ereignissen nennen, und zum anderen muß man eines beachten: Ich teile nicht die Auffassung, Herr Kollege Genscher, oder wer sonst immer sie noch haben mag, als sei da etwas, was vorher in Ordnung war, allmählich dünner geworden. Ich will kurz begründen, warum. Vielleicht kommen wir uns dann näher in der Frage, wie man nun operieren kann. In den Jahren 1955 und 1964 hat die Regierung der UdSSR mit einem Partner DDR-Regierung Abkommen geschlossen. Seit damals steht für uns das Problem, zu versuchen, zu einem Modus vivendi zu kommen, nicht, weil wir das schlucken, was die da zubereitet haben, sondern weil es klar ist, daß das Anlaß nicht nur zu immer neuen Reibungen, sondern zu Schlimmerem geben wird. Ich weiß, daß das Wort "Modus vivendi", auch wenn es aus der Sprache unserer französischen Freunde entnommen ist, wo es ja häufiger angewandt wird, bei uns nicht sehr beliebt ist. Damit ist es so wie mit dem Wort "Kompromiß", das bei uns auch nicht sehr beliebt ist. Es liegt unserem Naturell weniger. Aber 1949 hat es einen solchen Versuch gegeben. Ich habe ihn mir noch einmal angesehen. Damals hat man nach dem Abschluß einer Vier-Mächte-Außenministerkonferenz zwar festgestellt, man sei nicht zu dem Ergebnis gekommen, das man eigentlich gern wollte, - es war sehr ehrenwert gesagt, sie wollten die Spaltung Deutschlands überwinden -; aber man sei dann übereingekommen, doch eine ganze Reihe von innerdeutschen Erleichterungen, die den Zusammenhalt oder Zusammenhang in Deutschland verbessern, jedenfalls nicht weiterem Verschleiß ausgesetzt sein lassen sollten, anzuregen, zu ermöglichen usw. Das ist ein heute noch interessantes Dokument, das damals von jeder der vier beteiligten Regierungen in ihrer Sprache auf ihren besonderen Pressekonferenzen, aber im Wortlaut völlig übereinstimmend bekanntgegeben wurde. Bei uns in der Bundesrepublik ist das erst sieben Jahre später, damals durch Jakob Kaiser, in einer Debatte des Deutschen Bundestages, ausgelöst durch eine Große Anfrage aller Fraktionen über die Lage im gespaltenen Deutschland, aufgegriffen und bedauert worden, daß aus diesem Versuch nichts entwickelt worden ist. Aber das war ein solcher, wenn auch von den anderen gemachter Versuch. Ich komme darauf zurück. Bei der Sachlage, die 1955/1964 durch diese Abkommen geschaffen worden ist, zu denen heute noch - Beispiel: die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers - brauchbare Erläuterungen bzw. Einsprüche der drei Westmächte vorliegen - ich will sie hier nicht wiederholen; die wesentlichsten Punkte sind hier genannt worden -, war es eigentlich deutsche Sache, nun hinter diesen Verwahrungen und hinter diesen Richtigstellungen der Alliierten, in diesem Fall der drei westlichen Alliierten, weiterzumachen. Das holen wir nicht mehr auf. Ich wollte das nur als eine von Ihrer Meinung abweichende Meinung sagen, Herr Kollege Genscher, als sei das eigentlich vorher fast oder ganz geordnet gewesen. Herr Mischnick hat auch so ein schönes Bild gebraucht von den Maßnahmen derer drüben, und wie es denn mit unseren stünde. Da habe ich mir notiert: "Deren Maßnahmen waren Schubladenverordnungen, - und bei uns?" Bei uns gab es auch Schubladenverordnungen, aber nicht, um etwas auszulösen, sondern um in schlimmen Fällen etwas abzuwehren, nämlich etwas weniger schädlich zu machen. Das war eine völlig andere Sache. Nur, die Verhältnisse sind nicht so. Da ist nichts versäumt, sondern hier hat sich offenbar in der Landschaft einiges geändert, und das habe ich im ersten Teil meiner Ausführungen etwas darzulegen versucht. Wahrung nationaler Interessen Ich will und muß mich nämlich auch gegen eine Betrachtung wenden, als versäume die Bundesregierung etwas, und zwar gerade die Bundesregierung, die 1966 mit ihrer Regierungserklärung angetreten ist, in der sie gesagt hat: Wir wollen Gräben nicht vertiefen oder erweitern, sondern wollen sie überwinden helfen: Wir wollen die Menschen drüben im anderen Teil Deutschlands nicht bevormunden. Wir haben auch erklärt, daß unsere Rechtsauffassung, unsere eigene Rechtsauffassung kein Hindernis sein wird, wenn es erforderlich ist, Regelungen zwischen Behörden zu treffen, wenn es sich dabei darum handelt, die Bürde der staatlichen Spaltung den Menschen zu erleichtern. Es ist nicht so, als ließen wir uns sozusagen etwas entwinden. Ich habe gar nichts dagegen zu sagen, wenn man hier extemporiert: Warum kann man die andere Seite nicht festhalten - oder als Anhaltspunkt benutzen, festzuhalten - an dem auch von ihr nun wiederholt betonten Begriff, daß wir eine Nation seien? Es steht ja neuerdings sogar in deren Verfassung, die am 9. April in Kraft gesetzt worden ist. Dabei dürfen wir nur, wenn wir reale Politik machen wollen - und darum geht es ja -, nicht außer acht lassen, daß sie, die das schreiben und die das sagen, dieser Nation ihre Einheit erst gönnen wollen, wenn diese Nation völlig mit ihrem Parteivorzeichen versehen ist. Das haben sie nicht einmal verhehlt in dieser Beziehung. Wir haben es hier mit einem Gegner zu tun, der das ganz brutal sagt. Ob er es dann kann, - da habe ich nicht Zweifel, sondern da bin ich überzeugt: er kann das nicht. Da sind heute morgen einige interessante Betrachtungen, auf die ich mich jetzt nicht einlassen kann, angestellt worden, z. B. von Herrn Eppler über Entwicklungen auch bei uns - nicht nur bei uns, aber eben auch bei uns - im Hinblick auf die Vertretung und die Wahrung von nationalen Interessen. Auseinandersetzung mit der SED-Argumentation Nun, wir müßten bei der Gelegenheit noch manches machen. Ich habe mir z. B. Herrn Dickels Begründung angesehen. Hier ist heute morgen auf die Unwahrhaftigkeit jener Notstandsgesetz-Begründung eingegangen worden. Dazu brauche ich nicht noch ein Wort zu sagen. Aber da gibt es auch eine ganze Passage, die nicht nur Anstoß nimmt, sondern mit tierischem Ernst glaubhaft machen will, sie müßten das, was sie tun, machen, weil wir -, und dann werden Gesetzblätter von uns und Bundestagsprotokolle zitiert, mit Seitenzahlen. Das ist auch etwas, was uns verbindet; das ist sehr deutsch. Bei den schlimmsten Sachen wird ganz genau zitiert: Zeile soundso, Unterziffer soundso. Da steht dann der Inlandsbegriff, der wird uns plötzlich um den Hals gehängt, Sachen, die hier gemacht werden, um Gräben nicht noch zu verbreitern, daß wir nämlich nicht plötzlich Zollausland zueinander sind und daß plötzlich infolge von Entwicklungen der Eingliederung, der Integration in Wirtschaftsräume hier und in Wirtschaftsräume dort die staatliche und sonstige Trennung noch schlimmer wird, dies wird uns plötzlich zum Vorwurf gemacht: das sei "juristische Aggression". Nun gut, den Juristen kann man vieles anlasten. Hier wird ihnen also auch noch eine juristische Aggression angelastet. Wir müssen uns die Mühe machen, da sich niemand diese Mühe macht. Ich habe nirgendwo im Fernsehen oder in der Presse oder sonst einmal gesehen, daß sich damit jemand eingehend und überzeugend befaßt. Es wäre so einfach. Ich scheue immer davor zurück, daß man das auch noch von der Regierung aus machen muß. Wo kommen wir denn eigentlich hin? Das sieht doch scheußlich aus, ist auch scheußlich, wenn die Auseinandersetzung, bei der es um die Selbstbehauptung unserer Nation auch im Zustande der Trennung geht sozusagen immer nur ordiniert werden muß. Das ist doch unerträglich. Natürlich können wir, müssen wir sogar einiges bei uns verbessern. Da wird oftmals mit solchen Begriffen stumpfsinnig umgegangen. Wir müssen deutlich machen, warum der Inlandsbegriff weder aggressiv gemeint noch juristische Aggression ist, sondern daß er den Sinn hat, dies nicht auch noch zum Zollausland werden zu lassen. Es gibt einiges, was dazu zu sagen wäre; ich wollte es nur angedeutet haben. Der Alleinherrschaftsanspruch einer Minderheit Bei der Auseinandersetzung heute hat sich einer der Kollegen, die hier diskutiert haben - ich glaube, es war Herr von Wrangel -, dann in einer Erörterung mit anderen schließlich so geäußert: Nichtanerkennung, das sei nationale Sorgepflicht. Was damit gemeint ist, stelle ich überhaupt nicht in Frage und in Zweifel, nur ist die Frage, ob wir auf die Dauer gut fahren, wenn wir uns die Begriffe der anderen einfach so aufzwingen lassen und die deutsche Politik dann dauernd zwischen von denen gepflanzten Begriffen hin und her gestoßen wird: Anerkennung oder Nichtanerkennung. Das ist so stupide, daß wir überhaupt nicht mehr dazu kommen, das, worum es wirklich geht, ins Visier zu nehmen. Es geht darum - sinngemäß habe ich es noch im Ohr, wie es der Bundeskanzler gesagt hat -, daß eben eine Minderheit ihren Alleinherrschaftsanspruch, den sie ideologisch begründet - sie hat eine phantastische Ideologie dafür: sie ist der "Vollstrecker der Geschichte" -, gegen die Mehrheit des Volkes durchtrumpfen will. Das ist der wirkliche Tatbestand. Dadurch wird es für uns nicht leichter, aber man sollte es doch um Himmels willen ab und zu einmal sagen. Statt dessen winden wir uns immer in Qual, um den schrecklichen Vorwurf von uns wegzudrücken, wir hätten eine "Alleinvertretungsanmaßung" oder wie das heißt. Ich meine, wir brauchen trotz allem und obwohl wir jetzt erst offenbar mittendrin in einer sehr schwierigen Drift sind - da zeichnen sich schon weitere Dinge ab - dennoch nicht fatalistisch zu sein. Wir dürfen aber nicht daran vorbeisehen, was unsere eigentliche Stärke ausmacht, ausmachen kann: das ist, daß wir auf unseren Wert als politische Kraft setzen, die ihre gesamte Politik einschließlich der nationalen Kernfrage unserer deutschen Politik unter die Vorzeichen Frieden und Verständigung setzt. Da liegt unsere eigentliche Stärke, da haben wir, wenn wir es durchhalten, den längeren Atem. Da werden wir auch viele finden, die da sagen: Ja, hier sind wirklich Unruhestifter, es sind aber nicht die, die man so bezeichnet, sondern das sind andere. Und das wird ja dann nicht dabei stehenbleiben. Europäische Sicherheitsprobleme Hier ist angeregt worden, einiges näher zu definieren, z. B. Sicherheitspolitik, Entspannungspolitik. Ich hätte dazu auch gerne einiges gesagt, aber es ist nicht meine Sache, obwohl es wirklich dringend ist. Ich glaube, daß wir da eine schwache Stelle haben. Herr Kollege Genscher, ich kam damals, am 5., nicht dazu, das weiterzuspinnen, weil ich unglücklicherweise erst am Ende der dritten Lesung zu einigen der Fragen, die Sie und andere hier angebracht und entwickelt hatten, Stellung nehmen konnte. In den letzten vierzehn Tagen ist wieder sehr in den Vordergrund geschoben worden, als hinge jetzt fast alles in Europa davon ab, daß man so schnell wie möglich eine europäische Sicherheitskonferenz macht. Ich hatte damals gesagt: Lassen wir uns nicht hineindrängen; plötzlich stehen wir und rutschen auf einem Sicherheitskonferenzgefälle ab. Da werden wir wahrscheinlich nicht gegensätzlicher Meinung sein. Worauf es ankommt, ist, unsererseits eine Vorbereitung auf das, was in diesem Zusammenhang von uns einzubringen ist - so verstehe ich das, was Sie sagen -, definieren und zugleich ein Am-Mann-Bleiben in der Diskussion. Wir haben doch bei allem, was uns nicht gefällt - dem einen gefällt das, dem anderen jenes nicht -, seit jener Debatte über diese März-Note immer wieder gesagt: Wir müssen uns darauf einrichten. Es war gar nicht unsere eigene Entdeckung. Aber damals hatte der sowjetische kommunistische Parteitag entsprechende harte Konturen gezeigt, Konturen von einer Sicherheitskonferenz, und wie da das deutsche Problem untergebuttert werden sollte. Wir müssen uns zur Diskussion melden. Seitdem haben wir uns zur Diskussion gemeldet und sind in der Diskussion. Jetzt kommt eine schwierige Etappe dieser Diskussion, daß man versuchen will, wieder zu sagen: Nichts da, Friedensordnung oder deutsche Frage, sondern eben Sicherheitskonferenz. Gewährung des Selbstbestimmungsprinzips für die Deutschen Nun müssen wir uns selbst dazu entschließen, ohne daß wir je verschweigen dürfen und verschweigen müssen, daß es unserer Meinung und Überzeugung nach für Europa am besten sein wird, wenn auch endlich den Deutschen das, was in der einen Erklärung der Drei Mächte von 1964 geschrieben ist, das Selbstbestimmungsprinzip, gewährt wird. Ungeachtet dessen müssen wir immer sehen: Es wird noch lange auf Teil- oder Zwischenlösungen ankommen. So sind eben sowohl die Kräfteverhältnisse als auch die Landschaft, die politische Landschaft, und denen müssen wir Rechnung tragen, wenn wir bestehen wollen. Ich wollte nur ganz eindeutig antworten, daß ich der Meinung nicht bin, nach der Sie gefragt haben, nämlich daß man, wenn man meine, daß vertragliche Bemühungen unwirksam seien, weil man zu ihnen gar nicht käme, das offen sagen müsse. Ich teile diese Meinung nicht. Ich bin der Überzeugung, daß wir nicht lockerlassen dürfen, sondern solche Dinge immer wieder mit konkreten und passablen und einleuchtenden und nichts irgendwie ins falsche Licht bringenden Argumenten vortragen sollten. Wir sollten uns darum bemühen, und zwar überall, und sollten es auch überall erklären. Nur in einem Punkte, glaube ich, darf man nicht fatalistisch werden. Sie sagten: In allen Fragen, die Deutschland als Ganzes angehen, arbeitet die Zeit nicht für uns. Das ist in mancher Hinsicht sicher unbestreitbar. - Ja, wenn sie das nicht getan hat, wird sie es wahrscheinlich, so gesehen, auch in der nächsten Zeit nicht tun. Nur halte ich nicht sehr viel davon, daß man das zu seiner Erfahrungsregel macht. Allerdings - in dem Punkt würde ich Ihnen zustimmen -, man darf sich auf die Zeit nicht verlassen, so als glätte sich da etwas. In diesem Punkt also können wir sicher übereinstimmen. Im übrigen meine ich jedenfalls, daß im Herzen Europas die Probleme, auch nachdem so viel Zeit vergangen ist, nicht verjähren, Probleme, die darin bestehen und sich daraus ergeben, daß die Menschen hier anders als nur unter schrecklichen Kuratel- und Kujonen-Methoden leben sollen. Das wird ein Interesse auch westlicher, nördlicher, südlicher, östlicher Nachbarn sein, daß man hier geordnetere Verhältnisse des Miteinander-Lebens haben soll. Das werden auch die jüngeren Generationen, auch wenn sie zum Teil jetzt andere Sorgen und Probleme - oder keine Sorgen, sondern Probleme - haben, als ihre Probleme erkennen. Vielleicht, haben Sie gesagt, sei jetzt der Zeitpunkt mit Vorschlägen für Verträge zu kommen. Ich halte das nicht für ausgeschlossen, daß es sich in diesen Entwicklungen jetzt als vorteilhaft und vielleicht notwendig erweisen sollte, zu sagen und auch zu schreiben: Jetzt haben wir das und das und das erlebt; jetzt sagen wir: das und das sollte geschehen. Meine Damen und Herren, das waren meine Bemerkungen. Sie sind leider - ich bitte um Entschuldigung - breiter geworden, als ich es mir vorgenommen hatte. Aber ich dachte, sie sollten, bevor man sich nun wahrscheinlich anderen Themen zuwenden wird, doch gemacht worden sein.