Engels 15.02.1845 Rede Zwei Reden in Elberfeld (Rede 2) - im Wortlaut Meine Herren Bei unserer letzten Zusammenkunft ist mir vorgeworfen worden, daß ich meine Beispiele und Belege fast nur aus fremden Ländern, namentlich aus England, genommen habe. Man hat gesagt, Frankreich und England gehe uns nichts an, wir lebten in Deutschland, und es sei unsere Sache, die Notwendigkeit und Vortrefflichkeit des Kommunismus für Deutschland zu beweisen. Man hat zugleich uns vorgeworfen, die historische Notwendigkeit des Kommunismus überhaupt keineswegs genügend dargetan zu haben. Dies ist ganz richtig und war auch nicht anders möglich. Eine historische Notwendigkeit läßt sich nicht in so kurzer Zeit beweisen wie die Kongruenz zweier Dreiecke, sie kann nur durch Studium und Eingehen auf weitläufige Voraussetzungen bewiesen werden. Ich will indes heute das meinige tun, um diese beiden Vorwürfe zu beseitigen, ich werde zu beweisen suchen, daß der Kommunismus für Deutschland - wenn keine historische, doch eine ökonomische Notwendigkeit ist. Betrachten wir zuerst die gegenwärtige soziale Lage Deutschlands. Daß viel Armut unter uns existiert, ist bekannt. Schlesien und Böhmen haben selbst gesprochen. Von der Armut der Mosel- und Eifelgegenden wußte die "Rheinische Zeitung" viel zu erzählen. Im Erzgebirge herrscht seit undenklicher Zeit fortwährendes großes Elend. Nicht besser sieht es in der Senne und den westfälischen Leinendistrikten aus. Von allen Gegenden Deutschlands her wird geklagt, und es ist auch nicht anders zu erwarten. Unser Proletariat ist zahlreich und muß es sein, wie wir bei der oberflächlichsten Betrachtung unserer sozialen Lage einsehen müssen. Daß in den Industriebezirken ein zahlreiches Proletariat sein muß, liegt in der Natur der Sache. Die Industrie kann nicht ohne eine große Anzahl von Arbeitern existieren, die ihr gänzlich zu Gebote stehen, nur für sie arbeiten und auf jeden anderen Erwerb verzichten, die industrielle Beschäftigung macht bei dem Bestehen der Konkurrenz jede andere Beschäftigung unmöglich. Daher finden wir in allen Industriedistrikten ein Proletariat, das zu zahlreich, zu augenscheinlich ist, als daß es geleugnet werden könnte. - In den Ackerbaudistrikten dagegen soll kein Proletariat existieren, wie von vielen Seiten her behauptet wird. Aber ist dies möglich? In den Gegenden, wo großer Grundbesitz vorherrscht, ist ein solches Proletariat notwendig, die großen Wirtschaften haben Knechte und Mägde nötig, können nicht ohne Proletarier existieren. In den Gegenden, wo der Grundbesitz parzelliert ist, läßt sich das Aufkommen einer besitzlosen Klasse ebenfalls nicht vermeiden; man teilt die Güter bis zu einem gewissen Grade, und dann hört das Teilen auf; und da dann nur einer aus der Familie das Gut übernehmen kann, so müssen die anderen wohl Proletarier, besitzlose Arbeiter werden. Dabei geht das Teilen denn gewöhnlich solange voran, bis das Gut zu klein ist, um eine Familie ernähren zu können, und es bildet sich eine Klasse von Leuten, die wie die kleine Mittelklasse der Städte, einen Übergang aus der besitzenden in die besitzlose Klasse bildet, durch ihren Besitz von anderer Beschäftigung zurückgehalten und doch nicht befähigt ist, von ihm zu leben. Auch unter dieser Klasse herrscht großes Elend. Daß dieses Proletariat an Zahl stets zunehmen muß, dafür bürgt uns die zunehmende Verarmung der Mittelklassen, von der ich heute vor acht Tagen ausführlich sprach, und die Tendenz des Kapitals, sich in wenigen Händen zu konzentrieren. Ich brauche heute wohl auf diese Punkte nicht zurückzukommen und bemerke nur, daß diese Ursachen, welche das Proletariat fortwährend erzeugen und vermehren, dieselben bleiben und dieselben Folgen haben werden, solange die Konkurrenz besteht. Unter allen Umständen muß das Proletariat nicht nur fortexistieren, sondern auch sich fortwährend ausdehnen, eine immer drohendere Macht in unserer Gesellschaft werden, solange wir fortfahren, jeder auf seine eigne Faust und im Gegensatz zu allen anderen zu produzieren. Das Proletariat wird aber einmal eine Stufe der Macht und Einsicht erreichen, bei der es sich den Druck des ganzen sozialen Gebäudes, das fortwährend auf seinen Schultern ruht, nicht mehr wird gefallen lassen, wo es eine gleichmäßigere Verteilung der sozialen Lasten und Rechte verlangen wird; und dann wird - wenn sich die menschliche Natur bis dahin nicht ändert - eine soziale Revolution nicht zu vermeiden sein. Dies ist eine Frage, auf die unsere Ökonomen bis jetzt noch gar nicht eingegangen sind. Sie kümmern sich nicht um die Verteilung, sondern bloß um die Erzeugung des Nationalreichtums. Wir wollen indes für einen Augenblick davon abstrahieren, daß, wie eben bewiesen, eine soziale Revolution überhaupt schon die Folge der Konkurrenz ist; wir wollen einmal die einzelnen Formen, unter denen die Konkurrenz auftritt, die verschiedenen ökonomischen Möglichkeiten für Deutschland betrachten und sehen, was die Folge einer jeden sein muß. Deutschland -, oder genauer zu sprechen, der deutsche Zollverein, hat für den Augenblick einen Juste-milieu-Zolltarif. Unsere Zölle sind zu wirklichen Schutzzöllen zu niedrig, zur Handelsfreiheit zu hoch. So sind drei Dinge möglich: Entweder gehen wir zur vollständigen Handelsfreiheit über, oder wir schützen unsere Industrie durch hinreichende Zölle, oder wir bleiben bei dem jetzigen System. Sehen wir die einzelnen Fälle an. Wenn wir die Handelsfreiheit proklamieren und unsere Zölle aufheben, so ist unsere gesamte Industrie mit Ausnahme weniger Zweige ruiniert. Von Baumwollspinnerei, von mechanischer Weberei, von den meisten Zweigen der Baumwollen- und Wollenindustrie, von bedeutenden Branchen der Seidenindustrie, von beinahe der ganzen Eisengewinnung und Eisenverarbeitung kann dann keine Rede mehr sein. Die in allen diesen Zweigen plötzlich brotlos gewordenen Arbeiter würden in Masse auf den Ackerbau und die Trümmer der Industrie geworfen werden, der Pauperismus würde überall aus dem Boden wachsen, die Zentralisation des Besitzes in den Händen weniger würde durch eine solche Krisis beschleunigt werden, und nach den Vorgängen in Schlesien zu urteilen, wäre die Folge dieser Krisis notwendig eine soziale Revolution. Oder wir verschaffen uns Schutzzölle. Diese sind neuerdings die Schoßkinder unserer meisten Industriellen geworden und verdienen daher nähere Betrachtung. Herr List hat die Wünsche unserer Kapitalisten in ein System gebracht, und an dieses von ihnen ziemlich allgemein als Credo anerkannte System will ich mich halten. Herr List schlägt allmählich steigende Schutzzölle vor, die endlich hoch genug werden sollen, daß sie den Fabrikanten den inländischen Markt sichern; dann sollen sie eine Zeitlang auf dieser Höhe bleiben und dann allmählich wieder erniedrigt werden, so daß endlich, nach einer Reihe von Jahren, aller Schutz aufhört. Nehmen wir einmal an, dieser Plan werde ausgeführt, die steigenden Schutzzölle seien dekretiert. Die Industrie wird sich heben, das noch müßige Kapital wird sich auf industrielle Unternehmungen werfen, die Nachfrage nach Arbeitern und mit ihr der Lohn wird steigen, die Armenhäuser leeren sich, es tritt ein allem Anscheine nach höchst blühender Zustand ein. Dies dauert solange, bis unsre Industrie ausgedehnt genug ist, um den heimischen Markt zu versorgen. Weiter kann sie sich nicht ausdehnen, denn da sie den heimischen Markt ohne Schutz nicht behaupten kann, so wird sie noch viel weniger auf neutralen Märkten gegen die auswärtige Konkurrenz etwas ausrichten. Jetzt, meint Herr List, würde indes die inländische Industrie schon stark genug sein, um weniger Schutz zu bedürfen, und die Herabsetzung könne anfangen. Geben wir dies für einen Augenblick zu. Die Zölle werden erniedrigt. Wenn nicht bei der ersten, so tritt doch ganz gewiß bei der zweiten oder dritten Zollherabsetzung eine solche Verringerung des Schutzes ein, daß die auswärtige - sagen wir geradezu die englische Industrie auf dem deutschen Markte mit unsrer eignen konkurrieren kann. Herr List wünscht dies selbst. Was werden aber die Folgen davon sein? Die deutsche Industrie hat von diesem Augenblicke an alle Schwankungen, alle Krisen der englischen mit auszuhalten. Sobald die überseeischen Märkte mit englischen Waren überfüllt sind, werden die Engländer, gerade wie sie es jetzt tun, und wie Herr List es mit vieler Rührung schildert, ihre sämtlichen Vorräte auf den deutschen Markt, den nächsten zugänglichen, werfen und so den Zollverein wieder zu ihrem "Trödelmagazin" machen. Dann wird die englische Industrie sich bald wieder erheben, weil sie die ganze Welt zum Markte hat, weil die ganze Welt ihrer nicht entbehren kann, während die deutsche nicht einmal für ihren eignen Markt unentbehrlich ist, während sie in ihrem eignen Hause die Konkurrenz der Engländer fürchten muß und an dem Überfluß der während der Krisis ihren Abnehmern zugeworfenen englischen Waren laboriert. Dann wird unsre Industrie alle schlechten Perioden der englischen bis auf die Hefen zu kosten haben, während sie an den Glanzperioden dieser letzteren nur bescheidenen Anteil nehmen kann - kurz, dann werden wir gerade so weit sein, wie wir jetzt sind. Und damit wir gleich das Endresultat bekommen, dann wird derselbe gedrückte Zustand eintreten, in welchem jetzt die halbgeschützten Zweige sich befinden, dann wird ein Etablissement nach dem andern eingehen, ohne daß neue entstehen, dann werden unsre Maschinen veralten, ohne daß wir imstande sein werden, sie durch neue, verbesserte zu ersetzen, dann wird der Stillstand in einen Rückschritt sich verwandeln und nach Herrn Lists eigner Behauptung ein Industriezweig nach dem andern verkommen und endlich ganz eingehen. Dann aber haben wir ein zahlreiches Proletariat, das durch die Industrie geschaffen wurde und nun keine Lebensmittel, keine Arbeit hat; und dann, meine Herren, wird dies Proletariat mit der Forderung an die besitzende Klasse treten, beschäftigt und ernährt zu werden. Das wird der Fall sein, wenn die Schutzzölle herabgesetzt werden. Nehmen wir nun an, sie würden nicht herabgesetzt, sie blieben stehen, und man wollte abwarten, daß die Konkurrenz der inländischen Fabrikanten unter sich sie illusorisch mache, um sie dann herabzusetzen. Die Folge hiervon wird sein, daß die deutsche Industrie, sobald sie imstande ist, den heimischen Markt vollständig zu versorgen, stillsteht. Neue Etablissements sind nicht nötig, da die bestehenden für den Markt ausreichen und an neue Märkte, wie schon oben gesagt, nicht zu denken ist, solange man überhaupt des Schutzes bedarf. Aber eine Industrie, deren Ausdehnung nicht fortschreitet, kann sich auch nicht vervollkommnen. Wie nach außen, wird sie nach innen stationär. Die Verbesserung der Maschinerie existiert für sie nicht. Die alten Maschinen kann man doch nicht wegwerfen, und für die neuen finden sich keine neuen Etablissements, in denen sie Anwendung finden könnten. Andre Nationen schreiten indes voran, und der Stillstand unsrer Industrie wird wieder ein Rückschritt. Bald werden die Engländer durch ihren Fortschritt befähigt sein, so wohlfeil zu produzieren, daß sie mit unsrer zurückgebliebenen Industrie trotz des Schutzzolls auf unsrem eignen Markte konkurrieren können, und da im Kampf der Konkurrenz, wie in jedem andern Kampf, der Stärkere siegt, so ist unsre endliche Niederlage gewiß. Dann tritt derselbe Fall ein, von dem ich eben sprach: das künstlich erzeugte Proletariat wird von den Besitzenden etwas verlangen, was sie, solange sie exklusiv Besitzende bleiben wollen, nicht leisten können, und die soziale Revolution tritt ein. Jetzt ist noch ein Fall möglich, nämlich der sehr unwahrscheinliche, daß es uns Deutschen durch die Schutzzölle gelingen werde, unsre Industrie dahin zu bringen, daß sie ohne Schutz gegen die Engländer konkurrieren könne. Nehmen wir an, dies sei der Fall; was wird die Folge davon sein? Sobald wir anfangen, den Engländern auf auswärtigen, neutralen Märkten Konkurrenz zu machen, so wird sich ein Kampf auf Tod und Leben zwischen unsrer und der englischen Industrie erheben. Die Engländer werden alle ihre Kräfte aufbieten, um uns aus den bisher von ihnen versorgten Märkten entfernt zu halten, sie müssen es, weil sie hier an ihrer Lebensquelle, an dem gefährlichsten Punkt angegriffen werden. Und mit all den Mitteln, die ihnen zu Gebote stehen, mit all den Vorteilen einer hundertjährigen Industrie, wird es ihnen gelingen, uns zu schlagen. Sie werden unsre Industrie auf unsren eignen Markt beschränkt halten und sie dadurch stationär machen - und dann tritt derselbe Fall ein, der eben entwickelt wurde, wir bleiben stehen, die Engländer schreiten vorwärts, und unsre Industrie ist bei ihrem unvermeidlichen Verfall nicht imstande, das durch sie künstlich erzeugte Proletariat zu ernähren -, die soziale Revolution tritt ein. Gesetzt aber, wir besiegten die Engländer auch auf neutralen Märkten, wir rissen einen ihrer Abzugskanäle nach dem andern an uns -, was hätten wir in diesem so gut wie unmöglichen Fall gewonnen? Im glücklichsten Fall wurden wir dann die industrielle Karriere, die England uns vorgemacht hat, noch einmal durchmachen und über kurz oder lang da ankommen - wo England jetzt steht - nämlich am Vorabende einer sozialen Revolution. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde es aber solange gar nicht dauern. Durch die fortwährenden Siege der deutschen Industrie würde die englische notwendig ruiniert und die ohnehin den Engländern bevorstehende massenhafte Erhebung des Proletariats gegen die besitzenden Klassen nur beschleunigt. Die schnell eintretende Brotlosigkeit würde die englischen Arbeiter zur Revolution treiben, und wie die Dinge jetzt stehen, würde eine solche soziale Revolution auf die Länder des Kontinents, namentlich Frankreich und Deutschland, eine ungeheure Rückwirkung ausüben, die um so stärker werden müßte, je mehr durch die forcierte Industrie in Deutschland ein künstliches Proletariat erzeugt worden wäre. Eine solche Umwälzung würde sogleich europäisch werden und die Träume unsrer Fabrikanten von einem industriellen Monopol Deutschlands sehr unsanft stören. Daß aber eine englische und eine deutsche Industrie friedlich nebeneinander bestehen könnten, das macht schon die Konkurrenz unmöglich. Eine jede Industrie muß, ich wiederhole es, fortschreiten, um nicht zurückzubleiben und unterzugehen, sie muß sich ausdehnen, neue Märkte erobern, fortwährend durch neue Etablissements vergrößert werden, um fortschreiten zu können. Da aber, seitdem China offen steht, keine neuen Märkte mehr erobert werden, sondern nur die bestehenden besser ausgebeutet werden können, da also die Ausdehnung der Industrie in Zukunft langsamer gehen wird als bisher, so kann England jetzt noch viel weniger einen Konkurrenten dulden, als dies bisher der Fall war. Es muß, um seine Industrie vor dem Untergange zu schützen, die Industrie aller andern Länder darniederhalten; die Behauptung des industriellen Monopols ist für England nicht mehr eine bloße Frage des größeren oder geringeren Gewinns, sie ist eine Lebensfrage geworden. Der Kampf der Konkurrenz zwischen Nationen ist ohnehin schon viel heftiger, viel entscheidender als der zwischen Individuen, weil es ein konzentrierterer Kampf, ein Kampf von Massen ist, den nur der entschiedene Sieg des einen und die entschiedene Niederlage des andern Teils endigen kann. Und darum würde auch ein solcher Kampf zwischen uns und den Engländern, mag sein Resultat sein, wie es will, weder für unsre, noch für die englischen Industriellen von Vorteil sein, sondern nur, wie ich eben entwickelte, eine soziale Revolution nach sich ziehen. Wir haben demnach gesehen, meine Herren, was Deutschland sowohl von der Handelsfreiheit wie von dem Schutzsystem in allen möglichen Fällen zu erwarten hat. Wir hätten nur noch eine ökonomische Möglichkeit vor uns, nämlich den Fall, daß wir bei den jetzt bestehenden Juste-milieu-Zöllen blieben. Wir haben aber schon oben gesehen, was die Folgen davon sein würden. Unsere Industrie müßte, ein Zweig nach dem andern, zugrunde gehen, die Industriearbeiter würden brotlos werden, und wenn die Brotlosigkeit bis auf einen gewissen Grad gediehen, in einer Revolution gegen die besitzenden Klassen losbrechen. Sie sehen also, meine Herren, auch im einzelnen das bestätigt, was ich im Anfange allgemein, von der Konkurrenz überhaupt ausgehend, entwickelte -, nämlich, daß die unvermeidliche Folge unserer bestehenden sozialen Verhältnisse unter allen Bedingungen und in allen Fällen eine soziale Revolution sein wird. Mit derselben Sicherheit, mit der wir aus gegebenen mathematischen Grundsätzen einen neuen Satz entwickeln können, mit derselben Sicherheit können wir aus den bestehenden ökonomischen Verhältnissen und den Prinzipien der Nationalökonomie auf eine bevorstehende soziale Revolution schließen. Sehen wir uns indes diese Umwälzung einmal etwas näher an; in welcher Gestalt wird sie auftreten, was werden ihre Resultate sein, worin wird sie sich von den bisherigen gewaltsamen Umwälzungen unterscheiden? Eine soziale Revolution, meine Herren, ist ganz etwas anderes als die bisherigen politischen Revolutionen; sie geht nicht, wie diese, gegen das Eigentum des Monopols, sondern gegen das Monopol des Eigentums; eine soziale Revolution, meine Herren, das ist der offene Krieg der Armen gegen die Reichen. Und solch ein Kampf, in dem alle die Triebfedern und Ursachen unverhohlen und offen zu ihrer Wirkung kommen, die in den bisherigen historischen Konflikten dunkel und versteckt zum Grunde lagen, solch ein Kampf droht allerdings heftiger und blutiger werden zu wollen als alle seine Vorgänger. Das Resultat dieses Kampfes kann ein zweifaches sein. Entweder greift die sich empörende Partei nur die Erscheinung, nicht das Wesen, nur die Form, nicht die Sache selbst an, oder sie geht auf die Sache selbst ein und faßt das Übel bei der Wurzel selbst an. Im ersten Falle wird man das Privateigentum bestehen lassen und nur anders verteilen, so daß die Ursachen bestehen bleiben, welche den jetzigen Zustand herbeigeführt haben und über kurz oder lang wieder einen ähnlichen Zustand und eine neue Revolution herbeiführen müssen. Aber, meine Herren, ist dies möglich? Wo finden wir eine Revolution, die das nicht wirklich durchgesetzt hätte, wovon sie ausging? Die englische Revolution setzte sowohl die religiösen wie die politischen Grundsätze durch, deren Bekämpfung von seiten Karls I. sie hervorrief; die französische Bourgeoisie hat in ihrem Kampfe mit dem Adel und der alten Monarchie alles erobert, was sie wünschte, alle die Mißbräuche abgestellt, die sie zum Aufstande trieben. Und der Aufstand der Armen sollte eher ruhen, bis er die Armut und ihre Ursachen abgeschafft hätte? Es ist nicht möglich, meine Herren, es würde gegen alle geschichtliche Erfahrung streiten, so etwas anzunehmen. Auch der Bildungsstand der Arbeiter, besonders in England und Frankreich, erlaubt uns nicht, dies für möglich zu halten. Es bleibt also nichts übrig als die andere Alternative, nämlich, daß die zukünftige soziale Revolution auch auf die wirklichen Ursachen der Not und Armut, der Unwissenheit und des Verbrechens eingehen, daß sie also eine wirkliche soziale Reform durchsetzen werde. Und dies kann nur durch die Proklamation des kommunistischen Prinzips geschehen. Betrachten Sie nur, meine Herren, die Gedanken, welche den Arbeiter in den Ländern, wo auch der Arbeiter denkt, bewegen; sehen Sie in Frankreich die verschiedenen Fraktionen der Arbeiterbewegung, ob sie nicht alle kommunistisch sind; gehen Sie nach England und hören Sie, was für Vorschläge den Arbeitern zur Verbesserung ihrer Lage gemacht werden - ob sie nicht alle auf dem Prinzip des gemeinschaftlichen Eigentums beruhen; studieren Sie die verschiedenen Systeme der sozialen Reform, wie viele von ihnen Sie finden werden, die nicht kommunistisch sind? Von allen Systemen, die heutzutage noch von Bedeutung sind, ist das einzige nicht kommunistische das von Fourier, der seine Aufmerksamkeit mehr auf die soziale Organisation der menschlichen Tätigkeit als auf die Verteilung ihrer Erzeugnisse richtete. Alle diese Tatsachen rechtfertigen den Schluß, daß eine zukünftige soziale Revolution mit der Durchführung des kommunistischen Prinzips endigen werde, und lassen kaum eine andere Möglichkeit zu. Sind diese Folgerungen richtig, meine Herren, ist die soziale Revolution und der praktische Kommunismus das notwendige Resultat unserer bestehenden Verhältnisse -, so werden wir uns vor allen Dingen mit den Maßregeln zu beschäftigen haben, wodurch wir einer gewaltsamen und blutigen Umwälzung der sozialen Zustände vorbeugen können. Und da gibt es nur ein Mittel, nämlich die friedliche Einführung oder wenigstens Vorbereitung des Kommunismus. Wollen wir also nicht die blutige Lösung des sozialen Problems, wollen wir nicht den täglich größer werdenden Widerspruch zwischen der Bildung und der Lebenslage unserer Proletarier sich bis zu der Spitze steigern lassen, wo nach allen unseren Erfahrungen über die menschliche Natur die brutale Gewalt, die Verzweiflung und Rachgier diesen Widerspruch lösen wird, dann, meine Herren, müssen wir uns ernstlich und unbefangen mit der sozialen Frage beschäftigen; dann müssen wir es uns angelegen sein lassen, das unsrige zur Vermenschlichung der Lage der modernen Heloten beizutragen. Und wenn vielleicht manchem von Ihnen es scheinen möchte, als ob die Hebung der bis jetzt erniedrigten Klassen nicht ohne eine Erniedrigung seiner eigenen Lebenslage geschehen könnte, so ist doch zu bedenken, daß es sich darum handelt, eine solche Lebenslage für alle Menschen zu schaffen, daß ein jeder seine menschliche Natur frei entwickeln, mit seinen Nächsten in einem menschlichen Verhältnisse leben kann und vor keinen gewaltsamen Erschütterungen seiner Lebenslage sich zu fürchten braucht; so ist zu bedenken, daß dasjenige, was einzelne aufopfern sollen, nicht ihr wahrhaft menschlicher Lebensgenuß, sondern nur der durch unsere schlechten Zustände erzeugte Schein des Lebensgenusses ist, etwas, was wider die eigne Vernunft und das eigne Herz derer geht, die sich jetzt dieser scheinbaren Vorzüge erfreuen. Das wahrhaft menschliche Leben mit allen seinen Bedingungen und Bedürfnissen wollen wir so wenig zerstören, daß wir es im Gegenteil erst recht herzustellen wünschen. Und wenn Sie, auch abgesehen davon, nur einmal recht bedenken wollen, auf was unser jetziger Zustand in seinen Folgen hinauslaufen muß, in welches Labyrinth von Widersprüchen und Unordnungen er uns führt -, dann, meine Herren, werden Sie es gewiß der Mühe wert finden, die soziale Frage ernsthaft und gründlich zu studieren. Und wenn ich Sie dazu veranlassen kann, so ist der Zweck meines Vortrags vollständig erreicht.